Samstag, 31. Juli 2021
GREAT PLAINS
GREAT PLAINS – Duell der Füchse und Schlangen
Denke ich an Fuchs und Schlange bin ich eher beim Kleinen Prinzen als in grauen Vorzeiten, von denen die Einleitung zu GREAT PLAINS von Trevor Benjamin und Brett J. Gilbert spricht. Da ist von geheimnisvollen Streben zweier Stämme die Rede und dem spirituellen Beistand der Tiere, der Berge überwinden lässt.
Das eingespielte Autorenpärchen aus Kanada und Großbritannien, das zuletzt mit MANDALA für Lookout 2019 erfolgreich war, hat dem Verlag erneut ein spannendes Duell angeboten, das sehr variabel daherkommt.
Sieben doppelseitige Spieltafeln ermöglichen die Entstehung der unterschiedlichsten Landschaftsformationen mit gewaltigen Gebirgen, punkteträchtigem Grasland, begleitet von den magischen Kräften des grünen Tieflands. Letztlich geht es um die Dominanz in den Graslandschaften, die am Ende so viele Punkte, wie die Gebiete groß sind, einbringen. Wasserquellen werten das Grasland auf.
Eingesetzt werden bei dieser Arealkontrolle je 20 Schlangen und Füchse, die von jeweils drei Höhlen in den Gebirgen aus starten. Gebirge selbst dürfen sie nie betreten, sie müssen im Gras- oder Tiefland angrenzend an eine Höhle platziert werden. Das Tiefland bringt Totemplättchen für Sonderaktionen. Mit dem Pferd darf ein Feld geradlinig oder abgewinkelt übersprungen werden, nicht aber ein Gebirgsfeld. Da hilft nur der Adler weiter, der das Gebirge in gerader Richtung überfliegt. Schließlich vertreibt der Bär eine gegnerische Figur, die verschoben wird. Landet sie dabei im Gebirge, kommt sie aus dem Spiel. Wann ein solches Totem-Plättchen eingesetzt wird, entscheiden die Kontrahenten. Aufbewahren lohnt allerdings nicht, da die Plättchen keine zusätzlichen Siegpunkte bringen.
Das Spiel endet, sobald alle Figuren eingesetzt sind. Gewertet werden alle Graslandschaften, sofern dort Tiere stehen. Gebiete mit Gleichständen fallen aus der Wertung heraus.
Die strategische Planung für GREAT PLAINS fängt schon bei der Platzierung der Höhlen an, von denen aus die entscheidenden Graslandschaften erreicht werden sollten. Der Spielablauf unterscheidet sich auch von der jeweiligen Größe der Punktelandschaften. Gibt es viele kleine Gebiete, sollte man dort unbedingt punkten, zumal wenn zusätzlich Quellen auftauchen. Die Schlachten um sehr große Gebiete fallen meist intensiv aus. Drohgebärden muss man immer in der Hinterhand haben, damit der Gegner ein solches Gebiet nicht billig geschenkt bekommt.
Für die Nutzung der Totem-Plättchen braucht es ebenfalls ein gutes Händchen. Es macht wenig Sinn zu viele zu sammeln, ohne kommt man aber auch nicht aus. Vor allem die Bären, als Schiebekraft ins Gebirge eingesetzt, sind unverzichtbar, weil sie durch den Verlust einer Figur den Gegner schwächen.
Ans tolle Material und die Spieltiefe von MANDALA kommt GREAT PLAINS nicht heran. Die Gebietskontrolle in GREAT PLAINS läuft eher klassisch ab, bietet daher nicht allzu viel Neues. Trotzdem macht dieses Duell zwischen Schlangen und Füchsen Spaß, so dass ich es im Augenblick gerne morgen wieder hervorhole, auch wenn ich immer noch nicht so recht weiß, ob ich den Fuchs waagrecht oder senkrecht hinstellen soll. In der Waagrechten geht er als Hund durch.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: GREAT PLAINS
Autor: Trevor Benjamin, Brett J. Gilbert
Grafik: Klemens Franz
Verlag: Lookout Spiele
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 54/2021
Freitag, 30. Juli 2021
GODS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Vom Bastelbogen zum fertigen Spiel: GODS
Es gibt nur wenige Spieleautoren, die ihre Fans besonders preiswert an die eigenen Spielideen heranlassen. Michael Schacht gehört zu diesen Autoren. Seine „Spiele aus Timbuktu“ erscheinen meist als überaus günstige Bastelpackungen. Tolle Spiele wie CONTRA oder DIE TAFELRUNDE sind in dieser Reihe veröffentlicht worden. Das letzte Spiel ist später als KÖNIG DER DIEBE bei Eurogames erschienen, aus dem ersten wurde das Queen Games-Spiel ARCHITEKTON. Auch andere Spiele aus der Reihe haben den Weg in einen Verlag gefunden, für das meines Erachtens beste Spiel, das 2001 veröffentlichte GODS, gilt das allerdings nicht. Als Bastelbogen war es mit seinem umfangreichen Material das Aufwendigste, was Schachts Kleinverlag bislang zu bieten hatte. Trotzdem war die 1000er Auflage schnell vergriffen und das Spiel kam gut an.
Als vollwertiges Spiel, bei dem man ( fast ) ganz ohne Schere und Kleber auskommt, veröffentlicht Michael Schacht sein GODS nun selbst. Wie er sagt, erscheint das Spiel endlich in der Form, „die es sicherlich verdient“, allerdings streng limitiert auf 666 Exemplare.
Die Story bleibt erhalten: Nach der großen Flut ordnen zwei bis vier spielende Götter die Welt neu. Sie besiedeln sie mit Völkern und versuchen diese mit Tempelbauten von der richtigen Religion zu überzeugen. All das kostet auch Göttern Kraft, mit der es geschickt hauszuhalten gilt, um am Ende die zum Gewinn nötigen neun oder zehn Siegpunkte zu erreichen.
Die Götterlandschaft breitet sich auf 84 Hexfeldern aus, 32 davon sind den Völkern zugeordnet, ebenso viele den Tempeln, die die Spieler zu Spielbeginn erhalten, daneben gibt es noch Ödlandkärtchen und Sonderaktionsfelder, diese insgesamt 52 Kärtchen werden für das eigentliche Spiel aus einem Säckchen gezogen.
GODS erweist sich als ein äußerst spannendes taktisches Legespiel, dessen Grundstruktur – wie die meisten Spiele von Michael Schacht – ganz einfach ist. Der Spielablauf reduziert sich auf das Kräftesammeln, wobei es pro Spielrunde drei Kräftepunkte gibt, die nun nicht mehr in Form von Einzelkristallen vergeben, sondern auf einer Zählscheibe angezeigt werden. Mit diesen Punkten müssen zwei Aktionen ausgeführt werden. Dazu füllt man erst einmal seine Auslagetafel auf zwei unterschiedliche Hexplättchen auf, die man danach ins Spiel bringen kann. So können vor allem Völkerstämme gelegt werden. Die Kosten dafür liegen bei einem Kräftepunkt für jede angrenzende Hextafel. Legt man eine Ödlandkarte, erhält man sogar einen Stärkepunkt. Die anderen Sonderaktionen sind meist kostenfrei. Dreimal teurer als bei den Volksstämmen wird es, wenn man einen eigenen Göttertempel ins Spiel bringt, dafür lässt der aber alle anliegenden Volksstämme vom fremden Glauben abspringen. Und nur so kommt man an Punkte. Von der eigenen Religion überzeugte Völker werden mit Göttersteinen gekennzeichnet, sobald drei gleiche Stämme einer Religion angehören, spricht Schacht von einer Volksgründung, die beim ersten Mal mit einem Siegpunkt und zusätzlich einer Punktetafel belohnt wird. Die Stämme wenden sich immer mal wieder anderen Göttern zu, sobald man dadurch keine drei Stämme mehr besitzt, muss man seine Punktetafel abgeben, der anfangs gewonnene Siegpunkt geht aber nicht mehr verloren.
Für entscheidende Aktionen muss langfristig gespart werden, deshalb ist es auch gut, dass man in einer Runde seine beiden Legeplättchen einfach kostenfrei zurück ins Säckchen werfen darf, so dass die drei Kraftpunkte, für das große Kräftemessen und Punktesammeln aufgespart werden können. Zünglein an der Waage sind häufig die vier Einzelsiegpunkte für die vier Völker, die im Spiel sind. Trotzdem brauchen die Spieler zum Sieg in der Regel drei Völkerkarten, um die mindestens neun Siegpunkte zu erreichen, wobei die grünen Völker besonders beliebt sind, da sie vier statt der sonst üblichen drei Siegpunkte bringen. So kann man auch mit zwei Einzelsiegpunkten, einem grünen und einem anderen Volk zum Spielsieg kommen. In GODS läuft aber nichts verdeckt ab, alle Informationen stehen auch den Mitspielern zur Verfügung, so dass ständiges Konvertieren zum Spielalltag gehört.
Für mich ist Schachts Spiel vor allem zu zweit eine besondere Empfehlung wert, die Steuermöglichkeiten im Spiel zu dritt und zu viert lassen dann doch etwas nach. Die grafische Gestaltung hat Michael Schacht vom Vorgängerspiel übernommen. Das Kartenmaterial ist stabil, wird sinnvoll ergänzt durch Holzmaterialien für die Religionsanzeige. Die Regel ist gut strukturiert, enthält auch sinnvolle Anmerkungen zur Spieltaktik. Außerdem war noch soviel Platz auf dem Regelblatt, dass dort die Aktionsphasen vierfach auf kleinen Kärtchen gedruckt werden konnten. Damit geht das Timbuktu-Feeling, mit der Schere zur Spielentstehung beizutragen, doch nicht ganz verloren.
Titel: GODS
Autor: Michael Schacht
Grafik: Michael Schacht
Verlag: Spiele aus Timbuktu
Spieler: 2- 4
Alter: ab 10 Jahren (nicht ab 12 wie in der Regel angegeben)
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Spiel 14/2006 R127/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt Michael Schacht mit seiner Partnerin Marianne Hartz im CALIFORNIA-Jahr 2006 in Göttingen.
Donnerstag, 29. Juli 2021
EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf den Spuren einer alten Forschungsreise: EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN
Hauptberuflich beschäftigt sich Florian Isensee mit dem Verlegen und Verkaufen von Büchern. Der Isensee-Verlag gewinnt seine Schwerpunkte hauptsächlich aus der Region des Nordwesten Deutschlands, erweitert durch Bücher zur Kunst- und Kulturgeschichte, zur Archäologie sowie Veröffentlichungen in niederdeutscher Sprache. Über die Kulturgeschichte und Archäologie ist der vielseitige Verleger auf ein altes Buch gestoßen, das im 19. Jahrhundert Archäologiegeschichte geschrieben hat. 1839/40 bereiste der amerikanische Reiseschriftsteller und Archäologe John L. Stephens zusammen mit dem englischen Zeichner Frederick Catherwood das Gebiet der ehemaligen Maya-Kultur. Sein 1841 erschienener Reisebericht “Incidents of Travel in Central America, Chiapas, and Yucatan” wird auch von modernen Archäologen vor allem wegen der detailreichen Zeichnungen Catherwoods immer wieder herangezogen. „Die Entdeckung der alten Mayastätten“ (Edition Erdmann) nennt sich die aktuellste deutsche Fassung dieses Bestsellers aus dem 19. Jahrhundert.
Florian Isensee lädt drei bis vier Spieler ein, sich auf die Spuren von Stephens und Catherwood zu begeben. Er braucht dazu keinen Spielplan und keine Spielfiguren, 64 Spielkarten liefern das atmosphärische Ambiente für die EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN. Die Expeditionsroute symbolisieren zehn Wegekarten, die, nebeneinander ausgelegt, den Spielern Schatzfunde, aber auch gefährliche Abenteuer verheißen. Um an die Schätze heranzukommen und die Abenteuer zu bewältigen, benötigen die Spieler Aktionskarten, zusätzlich erhält jeder Spieler eine Rastkarte, die wichtig für den Kartennachschub ist. Schließlich gibt es noch einen Stapel mit zehn Schatzkarten, der Schätze im Wert zwischen 20 und 60 Punkten enthält. Darum geht es letztendlich auch in diesem Spiel: das Sammeln von punkteträchtigen Schätzen. Wer dazu am besten seine Aktionskarten einsetzt, gewinnt meist schon nach einer Viertelstunde die EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN.
Was passiert in dieser Zeit? Die Wegekarten werden nacheinander aufgedeckt. Ist es eine Abenteuerkarte, müssen die Spieler gemeinsam das Abenteuer bestehen. Da gibt es leicht zu bewältigende Ereignisse, wie die Begegnung mit der Schmugglerbande, die einen Gefahrenwert von fünf Punkten besitzt, und schwierige, wie die Überquerung einer verfallenen Hängebrücke, die mit zehn Punkten die Abenteurer oft zu weiteren Versuchen zwingt. Für das Bestehen des Abenteuers legen die Spieler verdeckt eine ihrer Aktionskarten ab, ergeben diese addiert den geforderten Gefahrenwert, gilt das Abenteuer als bestanden und die nächste Wegekarte wird aufgedeckt. Der Spieler mit der höchsten Aktionskarte erhält die Abenteuerkarte, die in der Endabrechnung immerhin zehn Punkte bringt. Wird das Abenteuer nicht bewältigt, muss jeder Spieler seinem linken Nachbarn seine höchste Aktionskarte zuschieben. Der Konflikt, in dem die Spieler immer wieder stehen, besteht hauptsächlich darin, dass man eigentlich die hochwertigen Aktionskarten für die Phasen aufheben möchte, in denen Schätze zu finden sind. An vier Fundorten gibt es ein bis drei Schätze zu finden, um die die Spieler sich mit ihren Karten duellieren.
Isensees Kartenspiel ist von den Siegbedingungen her kompetitiv angelegt, das Besondere an seiner Spielidee ist aber, dass er - durchaus realitätsnah – für die Bewältigung des größeren Teils der Wegestrecke die Kooperation der Spieler verlangt. Daraus entwickelt sich der ganz besondere Reiz der EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN. Welche Karten setze ich wann ein, welches Risiko gehe ich ein, wenn ich mich nur geringfügig beim Bestehen der Abenteuer beteilige? Das sind Fragen, die sich den Spielern immer wieder stellen. Wie die meisten Kartenspiele ist Isensees Expedition glücksabhängig, aber das Glück lässt sich dank der kurzen Spieldauer immer wieder neu herausfordern. Ich empfehle daher viermal zu den Mayastätten aufzubrechen, das schaffen Sie in einer guten Stunde.
Die alten Grafiken, die für die unterschiedlichen Illustrationen verwendet werden, tragen gelungen zur Spielatmosphäre bei. Das Kartenmaterial ist hochwertig, aber spitzkantig. Die Verpackung, eine dünne Faltschachtel, hätte ich mir stabiler gewünscht. Für 6,50 Euro erwerben Sie ein interessantes, innovatives Spiel eines neuen Autors, der nun nicht mehr nur Bücher in seinem Buchverlag veröffentlicht.
Titel: EXPEDITION ZU DEN ALTEN MAYASTÄTTEN
Autor: Florian Isensee
Verlag: Isensee-Verlag (www.isensee.de)
Spieler: 2 bis 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: 6,50 Euro
Spiel 11/2006 R124/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Seit 1995 ist der Oldenburger Buchhändler und Verleger, seit 2005 verlegt er auch eigene Spiele. Seine EXPEDITION ins Reich der Spiele bestand anfangs ausschließlich aus Kartenspielen, Ausflüge in die Geschichte, die zu den Mayas, nach Frankreich (MUSKETIER), Ägypten (RAMSES), Rom (HÄNDLER AUF DEM FORUM ROMANUM) und Kreta (LABYRINTH DES MINOTAURUS) führten.
Mit RAMSES und den HÄNDLERN verließ Isensee schon das Genre eher klassischer Kartenspiele, arbeitete aber noch kartenbasiert. In dem 2009 erschienenen dreiteiligen Abenteuer um MINOTAURUS ging es im Prinzip nur noch um Elemente des Kartenerwerbs zum Ausbau eines Labyrinths. 2010 lag mit GESCHENKE FÜR DEN RADSCHA in einer großen Schachtel, die als Umverpackung für das gesamt Œuvre Isensees dienen konnte, ein außergewöhnliches Wüstenabenteuer mit einem ungewöhnlichen Bewegungsmechanismus vor, das schon am Samstag auf der Messe ausverkauft war.
2011 erschien mit AKTIENRAUSCH das letzte Spiel, das aus der historischen Reihe herausfiel, aber extrem viel Aufmerksamkeit erregte. „Das hat mich damals total überrascht, dass sich erstmals TV-Stationen für eins meiner Spiele interessierten. Die Medienresonanz war unglaublich.“
Noch größer war die Resonanz 2019 zu einem Wahlspiel in den USA, das sich den damaligen Präsidenten vorknöpfte: FROM IDIOT TO PRESIDENT. Eine Teamarbeit mit Philipp Grasl, Daniel Sip, Mark Schütte und Thorben Schwitalla, für die die Freunde mit Haarenwerk einen eigenen Verlag gründeten. Produziert wurde nun auch nicht mehr im Isensee Verlag, sondern bei LudoFact mit einer Initialfinanzierung über Kickstarter. Das Medienecho auf das Spiel war beachtlich, wichtiger war für das Verlagsteam aber das große internationale Interesse.
Das Foto zeigt Florian Isensee mit allen seinen Spielen 2020.
Mittwoch, 28. Juli 2021
FESTIVAL BEIM PFERDESTALL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Guter Zweck: FESTIVAL BEIM PFERDESTALL
Seit drei Jahren beleben die Kronberger Roland und Tobias Goslar die Spielszene mit genialen Ideen rund um die Raute. Schon mit dem pfiffigen FRANTIC FRANKFURT haben sie allerdings Abstand von den geometrischen Spielereien genommen, noch einen Schritt weiter gehen Sie mit ihrem neuesten Produkt FESTIVAL BEIM PFERDESTALL. Die Goslars sind nicht mehr freakig, sie kommen ganz familiär daher und bieten erstmalig ein klassisches Familienspiel in ihrem Programm an. Die Verbundenheit mit ihrem Kronberger Umfeld bleibt aber, war sogar Anlass für dieses Spiel. Seit vier Jahren veranstaltet die Ann-Kathrin-Linsenhoff-UNICEF-Stiftung im September in Kronberg das so genannte Schafhof-Festival. Die bekannte Dressurreiterin wohnt mit ihrer Familie auf diesem 18 Hektar großen Anwesen in der Nähe Kronbergs. Die Goslars haben 2005 für die Benefizveranstaltung in Zusammenarbeit mit Ann-Kathrin Linsenhoff FESTIVAL BEIM PFERDESTALL entwickelt. Ein Teil der Einnahmen des Spiels wird für ein UNICEF-Hilfsprojekt im Sudan gespendet.
Der spielerische Ansatz geht erst einmal von einem modifizierten Memo-Spiel aus. Damit geben sich die Goslars aber nicht zufrieden. Die Fortbewegungsweiten der zwei bis vier Spieler ab acht Jahren auf dem Schafhof-Gelände ergeben sich aus der Anzahl aufgedeckter Plättchen. Die Autoren nutzen den Reiz des Spiels mit dem Risiko, kombinieren diesen aber mit einem kleinen Schuss Taktik. Unter den 44 Spielplättchen gibt es Clowns, Kinder, Pferde und Kleintiere. Wer ein Plättchen aufdeckt, zieht natürlich nur ein Feld weit. Das gilt auch noch für zwei Plättchen, erst ab drei steigert sich die Bewegungsweite auf vier Felder, für jedes weitere Plättchen dürfen die Spieler vier Felder zusätzlich vorwärts ziehen. Das Problem dabei ist, dass die Kärtchen auf bestimmten Feldern auf dem Spielplan abgelegt werden müssen, damit sich mit der Zeit ein buntes Leben auf dem Schafhof entwickelt. So muss ein Clown immer bei einer der Festival-Attraktionen auftauchen, erst dann dürfen Kinder, die Teams zugeordnet sind, dort erscheinen. Pferde dürfen auf der Pferdeweide nur als Drillinge abgelegt werden. Bei den Kleintieren, die am Rentbach leben, sind es mindestens zwei, die abgelegt werden müssen. Das Aufdecken eines Clowns, eines Kleintieres in Kombination mit einem Nicht-Kleintier oder zweier Kinder aus einem Team beenden den Spielzug. Beim Clown oder wenn man freiwillig aufhört, darf man meistens ablegen und mit seiner Spielfigur auf einem vorgegebenen Weg voranziehen, sonst müssen alle Plättchen umgedreht werden und der nächste Spieler ist an der Reihe. Das Spiel endet, wenn ein Spieler bis zur Festival-Bühne ziehen konnte, oder wenn einer es schafft, alle verdeckt liegenden Kärtchen vorherzusagen. Das ist deshalb nötig, weil drei Clowns im Spiel sind, für die es keinen Ablageplatz gibt. Falsche Versuche werden nicht bestraft, wer es aber schafft, darf für jedes Kärtchen zwei Felder vorwärts ziehen. Wer danach am weitesten vorangekommen ist, ist Sieger des Spiels.
Die Umsetzung des Spiels ist solide: Grafisch gefällig, das Ambiente des Festes wird eingefangen, in der Ferne grüßen Mainhattan, der Limes und natürlich Kronberg, ordentliches Material mit großen Holzpöppeln und stabilen Memo-Plättchen, die Regel wird etwas gewöhnungsbedürftig über mögliche Fragen zum Spielablauf strukturiert.
Grundschulkinder, vor allem Mädchen, haben Spaß an diesem Spiel. Es dauert in voller Besetzung meistens länger als die angegebenen 15 Minuten, aber das macht nichts. Sobald die Ausschlussregelungen – und dafür sind die beiden Spielhilfen ganz wichtig – klar sind, ergeben sich spannende Partien, die meist zum Aufdecken aller Plättchen führen. Tobias und Roland Goslar haben ein rundes Familienspiel entwickelt, das zwar nicht durch viel Originalität auf sich aufmerksam macht, aber durch eine gesunde Mischung bekannter Spielprinzipien, die atmosphärisch dem realen Schafhof-Festival gerecht wird. Ein gutes Spiel für einen guten Zweck, was will man mehr.
Titel: FESTIVAL BEIM PFERDESTALL
Autor: Roland und Tobias Goslar
Verlag: Kronberger Spiele
Spieler: 2- 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 bis 30 Minuten
Preis: ca. 18 Euro
Zu den Autoren:
Tobias und Roland Goslar haben ab 2003 mit Rautenspielen auf sich aufmerksam gemacht, so mit BONOBO BEACH und CRONBERG. Für ihre Ideen gründeten sie den Verlag Kronberger Spiele. Das Legespiel TOM TUBE landete 2004 auf der Empfehlungsliste der Jury.
Roland Goslar ist den Spielen treu geblieben. Mit HALF-PINT HEROES erschien 2017 sein letztes Spiel, redaktionell betreut er Spiele für den Heidelberger Spieleverlag.
Das Bild zeigt Tobias und Roland Goslar bei ihrem ersten Auftritt 2002 auf dem Autorentreffen in Göttingen.
Spiel 12/2006 R125/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Dienstag, 27. Juli 2021
EQUILIBRIO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Ruhiges Händchen gefordert: EQUILIBRIO
Früher waren es die klassischen Ankerbausteine, die zum Nachbau architektonischer Wunderwerke reizten. Bis in die 50er-Jahre fehlten die Naturbausteine, die im Übrigen seit 1995 im thüringischen Rudolstadt wieder produziert werden, in keinem Kinderzimmer. Ein in diese Richtung gehendes modernes Angebot bietet EQUILIBRIO von Michel und Robert Lyons aus dem Huch-Verlag. Die beiden Autoren folgen nicht dem Prinzip der Steinanhäufung für den Bau gewaltiger Kathedralen, sie kommen mit 18 Kunststoff-Bausteinen in sieben verschiedenen Formen aus.
EQUILIBRIO steht in der Tradition von ARCHITECTO, das ebenfalls von den beiden Autoren 2005 bei Huch erschienen ist. Hier wie dort steht im Zentrum des Spiels ein Aufgabenblock, der gedankliche und taktile Herausforderungen steigenden Schwierigkeitsgrades enthält. Die Aufgaben geben Art und Anzahl der zu benutzenden Bausteine vor und zeigen das zu erstellende Gesamtobjekt. Damit ist klar, EQUILIBRIO ist in der Regel ein Solitärspiel, eine logische Tüftelei, für deren Umsetzung man aber ein ruhiges Händchen benötigt. EQUILIBRIO ist anspruchsvoller als ARCHITECTO, da das Bauen auf Rollen, auf Spitzen, auf Halbkugeln erheblich mehr Feingefühl erfordert, als das bei den logischen Gedankenübungen vom Vorläuferspiel der Fall war. Nicht zu Unrecht verweist daher der spanische Spieltitel auf die Balance, auf das Gleichgewicht, das bei den Bauaufgaben im Vordergrund steht.
Für Grundschulkinder stellen beide Spiele interessante Herausforderungen dar und erfüllen vorbildlich Lernspielfunktion ganz im Sinne der Schulung von Kopf und Hand. Der Reiz für ältere Spieler hält sich nach meinen Erfahrungen in Grenzen, der Aufforderungscharakter am Anfang ist hoch, hält aber nicht an. Ärgerlich finde ich, dass der Verlag bei dem nicht gerade preiswerten Spiel doppelt abkassiert. Die Bausätze beider Spiele sind identisch, so dass die Besitzer von ARCHITECTO eigentlich nur den neuen Aufgabenblock benötigen, den es aber nur im Gesamtpaket gibt. Immerhin lässt sich aus der Not eine Tugend machen, mit beiden Spielen wird aus den Solofassungen ein Zweipersonen-Spiel, das man im direkten Wettstreit austragen kann.
Meine persönliche Meinung zu EQUILIBRIO und Co. ist geteilt. Die Spiele sind teuer, die Farbgestaltung des Materials ist gewöhnungsbedürftig, zumindest das hätte man bei der Zweitfassung ändern können. Ich frage mich, warum dann nicht besser gleich zu den optisch und haptisch überzeugenderen Ursprungsmaterialien von Anker zurückkehren. Positiv ist immerhin zu berücksichtigen, dass diese Spiele den raren Markt der Solitärspiele beleben. Als Lernspielangebote sind sie geeignet.
Titel: EQUILIBRIO
Autor: Michel und Robert Lyons
Grafik: service3.com
Verlag: Huch
Spieler: Solitärspiel
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: beliebig, für die einfachen Bauten benötigt man wenige Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 10/2006 R123/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Montag, 26. Juli 2021
ELASUND
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Knallhartes Gerangel: ELASUND – DIE ERSTE STADT
„Ein Abenteuer auf Catan“ heißt es rundum auf der Schachtelgrafik von ELASUND, Klaus Teubers aktueller SIEDLERfortsetzung. Lassen Sie sich nicht täuschen, mit den handelsfreudigen Siedlern, die CATAN besiedelt haben, hat ELASUND wenig zu tun. Die Spielgeschichte wird zwar fortgesetzt, ELASUND spiegelt die erste Stadtentwicklung auf CATAN wieder, aber das war’s auch fast schon, was an die Gründerväter erinnert. Zwei Würfel noch für die Ertragsgewinnung – und die Sieben ist immer noch ein Räuber, hier ein Seeräuber, denn ELASUND ist eine Küstenstadt.
Je nach Spielerzahl (zwei bis vier) wird die Ausdehnung der Stadt über Stadtmauertore festgelegt. Jeder Spieler erhält vier Startgebäude, fünf Baubriefe, Stadtmauerteile und zehn Siegpunktsteine. Zwei von den Gebäudekarten werden nach Spielplanvorgabe platziert, 21 weitere neutrale Gebäude unterschiedlicher Größe werden bereit gelegt. Diese dürfen gegen Zahlung von Gold erworben und mit Hilfe von Baubriefen in der Stadt platziert werden. Dafür gibt es Siegpunkte, die man auch bei bestimmten Stadtmauerfeldern erhält und vor allem beim Bau an der Kirche, die alleine mit ihren neun Teilen neun Siegpunkte bringt und rigoros alle um sie liegenden Gebäude verdrängt. Schließlich helfen noch mit Mühlen gekennzeichnete Handelsfelder an die zum Gewinn nötigen zehn Siegpunkte zu kommen.
In Teubers ELASUND herrscht ein knallharter Verdrängungswettbewerb, die Bauplätze sind rar, klein fängt man an und kann durch größere Gebäude schnell überbaut werden. Im Spielablauf hat jeder Spieler reihum maximal vier Aktionen zur Verfügung. Spielsteuernd sind am Anfang des Zuges erst einmal die Würfel. Der Würfelwurf bestimmt, vom Meer aus gesehen, eine der 11 Reihen ELASUNDs, die für jedes dort gebaute Gebäude Erträge bringt, das können Golderträge sein, aber auch so genannte Machtkarten. Bei einer „7“ darf der würfelnde Spieler, die Seeräuber aktivieren. Das Schiff wird in eine beliebige Reihe gesetzt, in der nicht nur die Einnahmen entfallen, sondern Macht oder Goldkarten abgegeben werden müssen, sofern Siegpunktsteine sich in der Reihe befinden. Als zweite Aktion darf unter Berücksichtigung der Baukosten und Bauregeln ein- oder zweimal gebaut werden, ein eigenes oder neutrales Gebäude, ein Teil der Stadtmauer oder der Kirche. Der Kirchenbau ist mit den Kosten von sieben Goldstücken zwar besonders teuer, aber auch besonders lukrativ, da er sichere Siegpunkte bringt. Der Spieler, der mit der Grundsteinlegung beginnt, hat auch noch gewisse Einflussmöglichkeiten auf die Ausdehnung der Kirche, die spieltaktisch von Bedeutung ist. Nach dem Bauen darf einer von fünf Baubriefen in der durch den Würfelwurf vorgegebenen Reihe platziert werden. Diese Baubriefe mit Werten von null bis vier Punkten sind für die Erstellung neutraler Bauten wichtig. Für größere Bauten brauchen die Spieler nämlich zwei oder drei Baubriefe, wobei gegnerische mitzählen können, solange man die Punktemehrheit besitzt. Wer keinen Baubrief legt, erhält zwei Gold. Unter Abgabe von meist gleichfarbigen Machtkarten haben die Spieler dann noch die Möglichkeit eine Bonusaktion durchzuführen, mit der Baubriefe versetzt, aufgewertet, beliebig platziert werden können oder zusätzlich Gold erworben werden kann. Mit Hilfe der Machtkarten, die es in drei Farben gibt, kann auch sonst der Spielverlauf beeinflusst werden, so können drei gleichfarbige Machtkarten dazu dienen, gleich große Gebäude zu überbauen, um damit dem Gegner Siegpunkte wegzunehmen. Mit zwei gleichfarbigen Karten lassen sich Baubriefe auch in beliebige Reihen setzen. Werden Mühlenfelder überbaut, erhalten die Spieler Handelspunkte, die auf einer Skala markiert werden, Siegpunkte gibt es ab drei Punkten aufsteigend in Zweierschritten, auch diese Punkte kann man, sofern eigene Gebäude wieder überbaut werden, verlieren.
Die angegebene Spieldauer von 60 Minuten lässt sich schwerlich erreichen. Besonders in der Endphase, kann sich ELASUND hinziehen, ohne dass es allerdings langweilig wird. Der Spannungsbögen sind viele, da ist einmal der Kampf um die Windmühlen, dann der um die wichtigen Baugründe. Beim Platzieren der Gebäude sind natürlich die häufigeren Würfelzahlen für die Einnahmen mit im Blick zu behalten. Wenn dann doch immer einmal wieder häufig 2, 3 oder 11, 12 hintereinander gewürfelt werden, kommen fast CATAN-Gefühle auf. Man kann versuchen die etwas vorsichtigere Strategie über stetige Goldeinnahmen und Kirchenbauten zu fahren, man kann aber auch bewusst auf die zwei Siegpunkte bringenden großen Sechsergebäude spielen. Der Ärgerfaktor ist natürlich viel höher als bei den SIEDLERn VON CATAN, dadurch ist ELASUND auch eher etwas für die Freaks und weniger für die Familie. Die Vielspieler und Liebhaber härterer Spielkost kommen aber voll auf ihre Kosten. Für die Freaks stellt Klaus Teuber auf seiner Seite (www.klausteuber.de) nicht nur die Professor Easy-Regeln zur Verfügung, sondern weitere Gebäude zum Herunterladen.
Titel: ELASUND – DIE ERSTE STADT
Autor Klaus Teuber
Grafik: Tanja Donner
Verlag Kosmos
Spieler 2 bis 4
Alter ab 10 Jahren
Dauer ca. 90 Minuten
Preis: ca. 26 Euro
Spiel 9/2006 R122/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Die Marke CATAN gilt inzwischen als zweiterfolgreichste nach MONOPOLY. Im letzten feierte das Kultspiel CATAN (früher DIE SIEDLER VON CATAN) seinen 25. Geburtstag. Zum Jubiläum ist auf der Insel Mainau ein überdimensionales CATAN-Feld mit der typischen Wabenstruktur entstanden, das im Juli 2020 feierlich eröffnet wurde.
Der gelernte Zahntechniker Klaus Teuber war schon vor CATAN einer der bekanntesten Spieleautoren Deutschlands, hatte er doch schon für sein Erstlingswerk BARBAROSSA 1988 das Spiel des Jahres gewonnen. Es folgten Doppelsiege 1990 und 1991 für ADEL VERPFLICHTET und DRUNTER & DRÜBER.
Den Weg zu dem Jahrhundertspiel CATAN beschreibt Klaus Teuber in dem ganz aktuell zum Jubiläum erschienenen Buch MEIN WEG NACH CATAN, mit dem er seine Leser auf eine Reise in seine persönliche Geschichte und die Spielgeschichte der 60er und der folgenden Jahrzehnte nimmt.
Die CATAN GmbH, die Teuber inzwischen mit seinem Sohn Benjamin führt, dient der Verbreitung der Ideen rund um die weltbekannte CATAN-Reihe. In die gehört auch ELASUND, das 2006 auf dem 6. Platz beim Deutschen Spielepreis landete.
Das Bild zeigt Klaus Teuber auf dem Goldsieberabend 1997.
Sonntag, 25. Juli 2021
XERXES
SAMMELSURIUM
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
XERXES
XERXES erschien gleich im Doppelpack als XERXES und FRUNDSBERG, zwei strategische Spiele, die stark an HALMA angelehnt waren. Als Autor wird Kurt Heuser benannt, die Regelbearbeitung übernahm Eugen Oker. Wenige Jahre davor hatte Heuser in der Logiplay-Reihe von F.X. Schmid ein ähnliches Spiel unter dem Titel SOLO veröffentlicht.
In seiner Rezension in der Zeit (49/1968) schrieb Oker damals über die Entwicklung: „Kurt Heuser war – bevor er Schriftsteller und Drehbuchautor wurde – Pflanzer in Mozambique. In der Einsamkeit der Savanne, ‚auf Vorposten‘, wie er es nennt, lernt der Mensch den Wert des Spiels begreifen; da wird er inne, was ihm eine Handvoll HALMA-Kegel sein können. Beinahe zwangsläufig sind dort, wo die Spärlichkeit zur täglichen Realität gehört, Variationen zum Spiel entstanden, darunter eine, die ein völlig neues ergab. Eine HALMA-Variante, sonst nichts – und doch wurde aus der alten amüsanten Hüpferei ein strategisches Problemspiel.“
Heuser hatte das Schlagen eingeführt, übersprungene Gegner kamen aus dem Spiel und damit änderte sich prinzipiell auch das Spielziel, HALMA bekam eine kriegerische Dimension, in der es um die Eroberung eines Spielfeldes ging.
Schon in SOLO standen sich zwei Doppelreihen von Figuren gegenüber, ähnlich der Schlachtordnung von Cannae. Im Rücken jeder Phalanx befand sich das jeweilige Zielfeld. Wer dieses zuerst mit einer Figur erreichte, gewann.
Nichts anderes passiert in XERXES, nur der Titel passt besser und Heuser oder Oker haben dafür gesorgt, dass es gleich drei unterschiedliche Aufstellungsvarianten gibt. Gespielt wird auf einem 15x19 Feld mit jeweils 24 Spielfiguren. Die Figuren ziehen wie beim Klassiker HALMA, diagonal oder orthogonal in jede Richtung. Eigene oder fremde Figuren dürfen übersprungen werden, wenn das Feld dahinter unbesetzt ist, auch Kettensprünge sind erlaubt. Eigene Figuren bleiben dabei stehen, fremde Figuren werden geschlagen.
Das zweite Spiel FRUNDSBERG ist viel spannender, da die Grundaufstellung hinter einem Sichtschirm geheim vorgenommen wird und eine wichtige Flussgrenze spielentscheidend ist. Figuren müssen erst den Fluss überschreiten und diesmal als Ziel ein Doppelfeld erobern.
Die HALMA-Variante hat Reiz und besitzt viele taktische Komponenten mit Blick auf das Vorgehen. Da lässt sich ganz klassisch in der fast unangreifbaren Phalanx marschieren oder mit Spähtrupps und raffinierten Sprungfolgen ein Überraschungsangriff starten.
Als RITTERSCHLACHT erlebte XERXES 1975 seine dritte Auferstehung bei F.X. Schmid. 1987 kam es dann noch einmal unter dem Titel XERXES heraus, damals allerdings ohne die FRUNDSBERG-Variante, sodass die spielbox diese alte Idee als Spiel im Heft anbot.
Titel: XERXES / FRUNDSBERG
Verlag: F.X. Schmid
Autor: Kurt Heuser
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Nächste Woche wieder
Sammelsurium 30 - S30/2021
Samstag, 24. Juli 2021
COLOR CODE
COLOR CODE - Wie bunt ist unsere Welt?
Kreativ, kommunikativ und kooperativ soll es in Zukunft in Spielen von Chili Island zugehen. Der junge Ableger von Queen Games ist ein Experimentierfeld für den Verlegersohn Julien Gupta, der schon mit einigen Spieleveröffentlichungen wie IM TAL DER DRACHEN und WALD DER WÖLFE, stets in Kooperation mit Johannes Berger, auf sich aufmerksam gemacht hat.
Schon für Juliens Vater Rajive Gupta spielten Produktionsstandards eine wichtige Rolle, auch Julien setzt hier Maßstäbe, an der sich viele andere orientieren sollten. Seine Spiele kommen komplett ohne Plastik aus, die Folien sind biologisch abbaubar. Alles wird in Deutschland oder der EU hergestellt aus mindestens 70% recycelten Rohstoffen. Zugegeben, bei Materialien, die hauptsächlich aus Pappe und Papier bestehen, ist das auch einfacher, aber der Ansatz ist lobenswert.
Ob das ebenfalls für das erste Spiel des jungen Verlages gilt, werden wir gleich sehen.
COLOR CODE, erneut eine Kooperation Gupta&Berger, ist ein kooperatives Farbassoziationsspiel, bei dem alle mit dem richtigen Einfühlungsvermögen sich am Ende über viele Punkte und das Erreichen des Highscores freuen können.
Sie alle kennen das Lied „Grün, grün, grün sind alle meine Kleider“, die grüne Farbe besitzen sie, weil der „Schatz ein Jäger“ ist. Und weiter geht’s mit dem roten Reiter, dem blauen Matrosen, dem schwarzen Schornsteinfeger, dem weißen Müller und dem bunten Maler. Wenn es denn immer so einfach wäre mit der Zuordnung. Wie sieht für Sie eine Suppe aus oder welche Farbe assoziieren Sie mit Social Media, mit acht Farben dürfen Sie dabei im Grundspiel antworten. Im Modul „Buntes Treiben“ kommen Pink, Lila und Orange dazu.
Der Color-Coder bekommt drei Begriffe zugeordnet, je nach Anzahl der Beteiligten arbeitet das Team zwischen 12 und 18 Begriffen in einer Spielrunde ab, sodass jeder mindestens einmal an der Reihe ist. Wer mit den Karten „Suppe“, „Social Media“ und „USA“ startet, muss jeweils eine von seinen acht Farbkarten den begriffen verdeckt zuordnen. Der zwitschernde Twitter-Vogel ist blau, auch Facebook hat einen blauen Kreis, „Social Media“ übernimmt schon einmal die blaue Farbkarte. Diese Farbe hätte ich durchaus auch für die USA in Betracht gezogen, schon allein wegen der Flagge und der Demokraten. Bleiben die roten Streifen, obwohl man hier ganz schnell in das Fettnäpfchen der Diskriminierung treten könnte, da auch die alte Karl May Bezeichnung „Rothäute“ in diesen Assoziationskreis auftauchen könnte. Entscheidend ist, was die anderen denken. Bleibt die Suppe, Curry als Zutat fällt aus, da die orangene Farbe noch im Erweiterungsdeck steckt, eine schöne Rote Beete-Suppe verhindern die USA, bleiben die klassische grüne Erbsensuppe oder die braune Gulaschsuppe. Mit einem 50/50 Hilfs-Chip könnte ich es meinen Mitspielern leichter machen.
Spannend ist danach die Diskussion in der Gruppe, bei der es dem Color-Coder meist schwer fällt, nichts zu sagen, wenn die anderen die Lösung schon parat haben, aber immer noch diskutieren oder meilenweit weg von der Richtung Zuordnung sind. Bei mir geht’s schon los mit den Sozialen Medien, was für mich eindeutig war, geht eher in die rote Richtung wegen Instagram, Pinterest und YouTube. Für die USA bleibt dann nur noch blau übrig, weil man ja auch über den großen blauen Ozean fliegen müsse. Zumindest bei der Suppe geht’s in die richtige Richtung, da ich es ihnen leichter gemacht habe, setzt das Team auch noch einen Bonus-Chip ein, der die Wertung verdoppelt.
Für die Auswertung gibt es eine Wertungstafel, jeweils zwei richtige Lösungen bringen das Team voran. Berauschend war dieses erste Ergebnis noch nicht, aber wir haben ja noch vier Runden. Am Ende dürfen wir uns über 14 Karten bzw. Bonus-Chips freuen, die uns den „Highscore“ einbringen. Das schafft man auch meistens, wenn man sämtliche Hilfechips, wie den Insider und Farbfilter nutzt, wobei der letzte eine Farbe ausschließt und der erste auf gemeinsamen Erfahrungen beruht. Die insgesamt drei Bonus-Chips richtig eingesetzt, reichen meist für den Sprung über die höchste Wertungsgrenze.
Wer nur mit Erwachsenen spielt, kann auch die 18 extra scharfen Begriffe mit einmischen und sich fragen, welche Farbe hat denn die Ekstase oder müssen Dessous nur schwarz sein? Im Modul „Buntes Treiben“ kommen nach jedem geschafften Level die drei zusätzlichen Farben ins Spiel. So ganz viel bringt das allerdings nicht, da erstaunlich oft die Farben Rot, Blau, Grün, manchmal auch noch Schwarz und Weiß gewählt werden und die Trefferquote mit diesen Farben erheblich höher ausfällt.
Mit COLOR CODE ist Gupta&Berger ein guter Einstieg des neuen Verlages in den Bereich der Kommunikationsspiele gelungen. Das Spielprinzip bietet zwar wenig Neues, deutlich mehr bieten die anregenden Diskussionen um die bunte Vielfalt unserer Welt.
Titel: COLOR CODE
Autor: Johannes Berger, Julien Gupta
Grafik: Annika Jansen, Sandra Grelling
Verlag: Chili Island
Spielerzahl: 2-6
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 30 Euro
Spiel 53/2021
Freitag, 23. Juli 2021
DIABOLO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Teuflisches Spiel: DIABOLO
Michael Schacht gehört zu den vielseitigsten Autoren, die in den 90er-Jahren in Konkurrenz zu Kramer und Co. angetreten sind. Er hat ein gutes Händchen für die großen Spiele, KARDINAL UND KÖNIG gehört immer noch zum Besten, was er je entwickelt hat, eine Reihe seiner Kartenspiele, darunter COLORETTO, gehören aber in die allererste Riege. Dieser Tradition folgt DIABOLO, sein neuestes Amigo-Spiel.
70 Zahlen in fünf Farben mit Werten von 1 bis 5 stehen den drei bis fünf Spielern zur Verfügung. Sechs davon hat jeder auf der Hand, mit jedem Spielzug wird ergänzt, bevor eine Karte passend an farblich zugeordnete „Himmel und Hölle“-Karten in der Tischmitte gelegt wird. Die Entscheidung, die jeweils zu fällen ist, heißt damit: Ordne ich meine Farbkarte lieber dem Himmel oder der Hölle zu. Sobald insgesamt zweimal fünf Karten an beliebigen Farben anliegen, wird zumindest im Spiel zu dritt und zu viert gewertet. Überwiegen die Engelspunkte, wird die Farbe positiv gewertet, im anderen Fall gibt es Minuspunkte, bei Gleichstand, wird die Farbe nicht gewertet. Die Zuordnung der Punkte ergibt sich aus den sechs Handkarten der Spieler. Der Spieler, der die höchste Kartensumme der abgerechneten Farbe besitzt, erhält die Plus- oder Minuspunkte. Zusätzlich darf einmal vor dem Aufdecken der Farbkarten der Spieler eine so genannte „Dopplerkarte“ eingesetzt werden, die den Ergebniswert verdoppelt. Das ist schon das ganze Spiel. Beachtet werden muss nur noch, dass maximal drei Karten auf einer der Kartenseiten angelegt werden dürfen.
Ein typischer Schacht: minimales Regelwerk für ein schnelles Spiel, das Spaß macht. Gespielt werden so viele Runden, wie Spieler teilnehmen, so dass meist nach 15 bis 30 Minuten das teuflische Spielvergnügen DIABOLO schon vorüber ist. Diese Spieldauer hindert niemanden, zu Revancherunden anzutreten. Für die Abrechnung liegt sogar ein Punkteblock dem Spiel bei.
DIABOLO ist nichts für Taktiker, große Überlegungen muss man nicht anstellen, da Planungen häufig genug durch unglückliche Kartenaufnahme zerstört werden können. Trotzdem wird man nicht nur gespielt, hat bei sieben Karten, die jeweils zur Auswahl stehen, schon Einflussmöglichkeiten, wobei besonders das rechtzeitige Herbeiführen der Wertung oft spielentscheidend ist. Himmlisch gut ist DIABOLO sicherlich nicht, teuflisch schlecht aber auch nicht, kein großartiges, aber ein solides Spiel, mit leicht positiver Bilanz auf der himmlischen Seite, zumal es äußerst preiswert auf dem Markt zu erhalten ist.
Titel: DIABOLO
Autor: Michael Schacht
Grafik: Michael Schacht
Verlag: Amigo
Spieler: 3- 5
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: 8 Euro
Spiel 8/2006 R121/2021
Die Rezension erschien 2006 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 56jährige Michael Schacht ist gelernter Grafiker, in diesem Beruf hat er auch bis 2005 gearbeitet, bevor er sich entschied, vom Spieleerfinden zu leben. Inzwischen gehört er hinter Kramer, Kiesling und Knizia zur erfolgreichen zweiten Garde der deutschen Spieleautoren und kann rund 200 Veröffentlichungen vorweisen.
Wichtig war für seine Autorenkarriere der Hippodice Autorenwettbewerb, darüber gelangten Spiele wie TAXI (Spiel im Heft, 1992) und CHARTS (Piatnik,1996) zur Veröffentlichung. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR. Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das Spiel des Jahres, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
„Spiele aus Timbuktu“ war ein Eigenverlag des Autors, in dem er preiswerte Bastelpackungen von Spielideen in Kleinstauflage anbot, außerdem viele Erweiterungen zu COLORETTO und ZOOLORETTO.
Das Bild zeigt Michael Schacht mit seiner Partnerin Marianne Hartz im DIABOLO-Jahr 2006 in Göttingen.
Donnerstag, 22. Juli 2021
WER HAT MEHR?
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
WER HAT MEHR?
Geht’s noch ein bisschen hässlicher? Dieses Spiel mit den Temperamenten, das Piatnik von dem englischen Autor Alan Moon in diesem Jahr veröffentlicht hat, wirbt nicht unbedingt mit seinem Cover. Der aufbrausende Choleriker, der träumende Phlegmatiker reizen mich eigentlich nicht, dieses Spiel in die Hand zu nehmen. Dann schon eher das melancholische Konterfei eines Woody Allen Doppelgängers.
Hinter dieser thematischen Verpackung steckt ein Stichspiel, das gar nicht so schlecht ist. Die 60 Spielkarten, die der roten Cholerik, gelben Sanguinik und blauen Phlegmatik zugeordnet sind, besitzen Werte von 1 bis 20. Zusätzlich gibt es vier Trumpfkarten, bei der Allen als Melancholiker den Verzicht auf Trumpf mit sich bringt. Außerdem spielen Bietchips eine nicht unwichtige Rolle.
Die Rundenzahl orientiert sich an der Spielerzahl, sodass zwischen acht und 13 Runden gespielt werden. Die Zahl der Handkarten startet niedrig bei drei Karten und steigert sich von Runde zu Runde um eine Karte. Am Ende bekommt jeder je nach Spielerzahl zwischen 10 und 15 Karten, die Trumpffarbe wird zufällig bestimmt. Vor dem Spiel bewerten alle ihre Kartenhände und wetten der Reihe nach offen auf Farben, von denen man meint, am Ende die meisten Karten zu besitzen. Wer sich für den Melancholiker entscheidet, zeigt damit an, dass er insgesamt die wenigsten Karten am Ende haben möchte. In dieser Bietphase hinten zu sitzen, besitzt Vorteile, da man die vorher abgegebenen Gebote in seine Überlegungen mit einbeziehen kann. Wer will darf auch auf mehr als eine Farbe setzen.
Der Spielablauf entspricht den üblichen Stichspielregeln, die wir aus dem SKAT-Spiel kennen. Es besteht Farb-, aber kein Stichzwang. Wer den Stich gewinnt, spielt weiter aus. Am Ende bringt jede erfüllte Wette fünf Punkte, hinzu addiert wird jede Karte dieser Farbe. Unerfüllte Wetten zählen fünf Minuspunkte. Der graue Chip bringt so viele Plus- oder Minuspunkte wie Handkarten in der entsprechenden Runde verteilt wurden.
Was am Anfang noch eher zufällig abläuft, wird mit steigender Kartenzahl berechenbarer und fängt an Spaß zu machen. Die Spielregel bietet am Ende noch einige Varianten, die keine Langeweile aufkommen lassen. So gibt es doppelte Bietmöglichkeiten und geheime Gebote.
Augen zu und durch, kann ich nur empfehlen, das Spiel ist zwar potthässlich, aber als Stich- und Bietspiel besitzt es Reiz. Bei wenigen Karten ist das Bieten auf eine Farbe eher zufällig, da keiner weiß, welche Karten überhaupt im Spiel sind. Hinten raus wird das alles kalkulierbarer und spannender.
Titel: WER HAT MEHR?
Autor: Alan Moon
Grafik: Wolfgang Rieder
Verlag: Piatnik
Spielerzahl: 3- 6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 10.- DM
Spiel 05/1990 R119/2021
Die Rezension erschien 1990
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Alan Moon war in den 80er Jahren für Avalon Hill journalistisch tätig, arbeitete auch an der Spielentwicklung für diese Firma und für Parker Brothers. Dem deutschen Publikum wurde er Anfang der 90er Jahre durch Spiele wie AIRLINES (Abacus) und Spiele des Verlags White Wind bekannt, den er zusammen mit Peter Gehrmann gründete. In dieser frühen Phase erschien WER HAT MEHR (1990) bei Piatnik.
In 1000er Auflagen erschienen die meisten Spiele bei White Wind so auch ELFENROADS, das später in der Version von Amigo als ELFENLAND Moons erstes „Spiel des Jahres“ wurde. Zwischen 1998 und 2004 war Moon besonders erfolgreich.. Mit UNION PACIFIC (1999) und DAS AMULETT (2001) landete er auf der Nominierungsliste. 2004 gelang ihm sein größter Erfolg mit ZUG UM ZUG, zu dem in der Folgezeit verschiedene Varianten und Erweiterungen erschienen sind und immer noch erscheinen.
WER HAT MEHR erschien 2001 in einer attraktiveren Fassung als WHERE’S BOB’S HAT? bei Abacus.
In dieser erfolgreichen Phase war Moon erster Vorsitzender der Spieleautorenzunft. Das Bild stammt aus einem Gespräch zweier Preisträger in Göttingen aus dem Jahre 2005. Werner Hodel und Alan Moon diskutieren, ob der Mississippi oder die Schiene der bessere Transportweg in den USA sei.
Mittwoch, 21. Juli 2021
TORJÄGER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiel zur WM in Südafrika: TORJÄGER
Nach dem Sommermärchen 2006 in Deutschland, das uns nur den Bronzeplatz einbrachte, treten nun erneut, diesmal in Südafrika, unsere TORJÄGER um Miroslav Klose, Lukas Podolski und vielversprechenden Thomas Müller an, den Siegerpokal nach Deutschland zu holen. Die Ergebnisse in der Vorrunde gegen Finnland waren zwar nicht berauschend, aber zum klaren Gruppensieg hat es gereicht und gegen Serbien, Australien und Ghana dürfte es wohl auch in der Vorrunde klappen.
Spielerisch ist von der Mannschaft einiges zu erwarten. Erfolge auf dem Rasen produzieren allerdings selten Erfolge auf dem Spieltisch. Bis auf TIPP KICK hat sich kein Fußballspiel über mehrere Jahre hinweg gehalten. Kosmos probiert es 2020 mit TORJÄGER von Ingo Althöfer. Seit 1994 hat der 49jährige Mathematiker den Lehrstuhl für Mathematische Optimierung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne. Nebenher erfindet er Spiele, arbeitet dabei eng mit Reinhold Wittig zusammen. Recht bekannt ist sein EINSTEIN WÜRFELT NICHT!, das in seinem 3-Hirn-Verlag und in der Edition Perlhuhn erschienen ist.
Althöfers TORJÄGER kennzeichnet das, was Fußball ausmacht, Glück und Taktik spielen eine große Rolle, der Teamgeist bleibt beim Duell so ziemlich auf der Strecke. Jeder startet auf einem 5x7 Felder großem Puzzlebrett, an das nur das Feld für den Torwart angehängt ist, mit 11 Spielern. Die Feldspieler teilen sich je zweimal die Nummern zwei bis sechs, die „1“ hat der Torwart. Der Mathematiker Althöfer überlässt die Zufallssteuerung dem Würfel. Es gewinnt dabei der Spieler, der drei Spielfiguren auf die gegenüberliegende Seite ins Tor zieht.
Die Anfangsaufstellung wird beliebig auf den jeweiligen ersten Grundlinien vorgenommen. In TORJÄGER geht es nur nach vorn gerade oder diagonal, ist die gewürfelte Zahl blockiert, darf eine beliebige Figur gezogen werden. Wenn ein Spieler das gegnerische Tor erreicht, müssen wie beim Toranstoß alle Spieler zurück in ihre Spielhälften.
Ein simples Spiel, das Althöfer an EINSTEIN WÜRFELT NICHT angelehnt hat, das allerdings nur mit sechs Spielsteinen und auf einem kleinen 5x5 Feld gespielt wird. Vor allem die Regel, dass bei blockierten Steinen ein beliebiger gesetzt werden kann, verleiht TORJÄGER durchaus taktische Züge.
Das Papp-Material mit Puzzle-Spielplan und dicken Papp-Markern ist für die kleine Kosmos-Schachtel ausreichend. Dank der Wendeseiten darf man unter vier Teams wählen. Wer will, kann den Ablauf verkürzen und nur auf ein Siegtor spielen, wer möchte kann aber auch zu viert ein kleines Turnier organisieren. Althöfers Spiel funktioniert, macht durchaus auch Spaß, TIPP KICK wird es aber nicht überleben.
Titel: TORJÄGER
Autor: Ingo Althöfer
Grafik: Christian Fiore
Verlag: Kosmos
Spielerzahl: 2-(4)
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 25 Minuten
Preis: 9.- Euro
Spiel 01/2010 R120/2021
Die Rezension erschien 2010
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Der 1961 in Lage geborene Mathematiker Ingo Althöfer promovierte 1986 in Bielefeld, seit 1994 hat er den Lehrstuhl für Mathematische Optimierung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne.
Seine Forschungsschwerpunk liegen in den Bereichen Spieltheorie und Kombinatorische Optimierung. Althöfer hat experimentell untersucht, wie sich Lego-Steine beim Waschen in der Waschmaschine zu Zufalls-Komplexen zusammensetzen, die Ergebnisse dokumentierte er in „Meine wunderbare Wasch-Saison“. Sein Highlight der Wasch-Saison2013: „Steine von verschiedenen Herstellern (einschließlich LEGO und der DDR-Marken PeBe2000 und Formo) bilden in der Waschmaschine gemeinsame Zufallskomplexe: Es wäscht zusammen, was zusammen gehört!“
Spielideen veröffentlichte er im Eigenverlag 3-Hirn Spiele. Das 3-Hirn-Prinzip hat er in den 80ern noch vor seiner Promotion formuliert und an SCHACH demonstriert. Beim 3-Hirn sind ein Mensch und zwei Computer mit verschiedenen Programmen beteiligt. Der Mensch lässt beide Apparate rechnen und trifft die Wahlentscheidung. Ein menschliches Hirn wählt also aus den Vorschlägen von zwei Elektronen-Hirnen aus. 1 + 2 = 3, daher 3-Hirn.
In diesem Verlag erschien auch 2004 EINSTEIN WÜRFELT NICHT! Zur WM 2006 griff Noris die Idee auf und veröffentlichte FINALE, das dem Kosmos-Spiel TORJÄGER entspricht. 2006 erhielt Altöfer den Inno-SPATZ der Stadt Göttingen.
Das Bild zeigt den Autor auf dem Autorentreffen im Jahr seiner Auszeichnung.
Dienstag, 20. Juli 2021
CHOICE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiel mit Wahrscheinlichkeiten: CHOICE
Der Würfelglocke bedarf es zwar nicht, ein Würfelbecher würde auch ausreichen, aber diese Würfelarena unter Plastikglas hat was. Fünf Würfel unter einem Hut gebracht, ergeben ein flottes Spiel, so behauptet es zumindest die einleitende Spielregel.
Der amerikanische Autor Sid Sackson variiert in CHOICE seinen Klassiker CAN‘T STOP, der 1981 vor knapp zehn Jahren auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres landete und sich nur der eigenen Konkurrenz mit dem genialen FOCUS beugen musste.
In CAN’T STOP geht es um Spielfeldkolonnen, die nach Addition zweier Würfel zwischen den Werten 2 und 12 zum Vorankommen genutzt werden. Ähnlich werden auch in CHOICE zwei Würfel addiert und diesmal in einem Block eingetragen. Für den nicht genutzten fünften Würfel gibt es drei Eintragungsreihen mit acht Feldern. Sind alle drei Zahlen definiert, muss man eine dieser Zahlen nutzen und kann sie nicht mehr zur Summenbildung verwenden.
Das Spiel endet, sobald man eine von den fünften Würfel-Zahlen zum achten Mal angekreuzt hat.
In allen anderen Reihen gilt, das angefangene Reihen erst in die positive Wertung kommen, wenn sie mindestens sechsmal angekreuzt wurden. Vorher gibt es für jede Zeile, in der nur ein bis vier Kreuze stehen, 200 Minuspunkte. Maximal fünfmal darf man die positiven Werte anrechnen, die je nach Wahrscheinlichkeit zwischen 30 und 100 Punkten bringen.
Nicht nur der fünfte Würfel macht CHOICE besonders, entscheidend ist, dass der Blick auf die Würfelglocke allen Beteiligten das identisch zu verarbeitende Ergebnis beschert, das entsprechend in einen Spielblock abgetragen wird. Obwohl die Voraussetzungen für alle identisch sind, gibt es immer deutlich verschiedene Ergebnisse. Da setzen die einen eher auf die hohen Wahrscheinlichkeiten bei den Zahlen sechs bis acht, die garantiert keine Minuspunkte bringen, andere fahren höheres Risiko und punkten deutlich lukrativer, sofern sie das sechste Kreuz setzen. Mit der zwei und zwölf ist es aber arg schwer, diese Zahlen machten bei CAN’T STOP mehr Sinn.
Eine Warnung müsste allerdings in der Spieleschachtel stecken, achten Sie auf den Rat Ihres Rezensenten: CHOICE kann süchtig machen.
Titel: CHOICE
Autor: Sid Sackson
Verlag: Hexagames
Spielerzahl: 1-
Spieldauer: eine Runde ca. 20 Minuten
Preis: ca. 25.00 DM
Spiel 3/1990 R118/2021
Die Rezension erschien 1990
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Sid Sackson (1920 – 2002) gehört zu den weltweit bekanntesten Spieleautoren des letzten Jahrhunderts. Sackson war einer der ersten Spieleautoren, die von dieser Berufung leben konnten. Ganz wesentlich hat dazu der Welterfolg von ACQUIRE beigetragen.
In seinem Haus in der New Yorker Bronx baute er sich ein wissenschaftliches Archiv auf mit einer riesigen Sammlung an Brett- und Kartenspielen, die auf knapp 20.000 Titel geschätzt wurde. Leider fand sich keine museale Lösung nach seinem Tod für diese einmalige Sammlung. Die Spiele wurden auf einer Reihe von Auktionen verkauft und die Sammlung zerschlagen.
Neben ACQUIRE ragen Spiele wie FOCUS (Spiel des Jahres 1981), CAN’T STOP, METROPOLIS und BAZAAR aus seinem umfangreichen Gesamtwerk heraus.
Das Foto zeigt Sackson 1989 in Essen bei der legendären CAFÉ INTERNATIONAL-Runde.
Montag, 19. Juli 2021
LOGO-NOTE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Notenlernprogramm: LOGO-NOTE
Mit einem ganz besonderen Anspruch hat sich Horst Hoffmann aus Hasbergen bei Osnabrück an ein Notenlernprogramm gemacht. Mit seinem Spiel LOGO-NOTE will er schon Kinder ab vier Jahren ansprechen.
Das Spiel enthält 108 Karten für verschiedene Lernspielvarianten. Im Grundprogramm (36 Karten) geht es erst einmal nur um die korrekte Benennung der Noten. Dem Notenbild zugeordnet werden optische Denkhilfen, so ein Elefant für das "e". Eher lautmalerisch ist man dabei beim "c" und "cis" vorgegangen, hierfür stehen die Bilder Zebra und Zitrone. Die vorgeschlagenen Lernspiele sind einfach gehalten, durch Abdecken der Bilder werden die Noten mit der Zeit richtig erlernt. Auch die Wettkampfvarianten überzeugen spielerisch kaum.
Etwas abwechslungsreicher sind die weiteren Spiele mit den restlichen 72 Spielkarten. Im ersten Spiel muss eine Notenkarte der richtigen Bildkarte zugeordnet werden. Bei Benutzung des vollständigen Kartensatzes müssen die unterschiedlichen Tonhöhen berücksichtigt werden, was dann auch schon für Grundschulkinder ganz schön anspruchsvoll wird. Insofern empfiehlt Horst Hoffmann zurecht, das Spiel mit dem vollen Kartensatz erst nach längerer Vorbereitungszeit zu spielen. Die musikalische Begleitung wird dringend empfohlen.
Nach unseren Probespielen mit Vorschulkindern eignet sich LOGO-NOTE für die Grundeinführung von Noten. Der Spielspaß bleibt aber etwas auf der Strecke, die Pädagogik steht im Vordergrund.
Titel: LOGO-NOTE
Autor: Horst Hoffmann
Grafik: o.A.
Verlag: Horo-Vertrieb
Spielerzahl: 2-4
Spieldauer: eine Runde ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20.00 DM
Spiel 21/1994 R117/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Das Foto zeigt den Autor bei der Präsentation seines Spiels auf der Spiel 1993 in Essen.
Sonntag, 18. Juli 2021
QUINTO
SAMMELSURIUM
3M Buchkassetten
In den 60er und 70er Jahren hat die Firma 3M (Minnesota Mining & Manufacturing Company) Maßstäbe in der Spielentwicklung gesetzt, die sich auch auf den deutschen Markt auswirkten. Spiele landeten im Buchschuber und damit plötzlich im Bücherregal nicht nur von 3M, sondern als Casino-Spiel von Ravensburger oder in der E-Serie von F.X. Schmid und im kleineren Schuber von Pelikan.
Gut die Hälfte der 3M-Spiele kommt ohne Autorennennung aus, hauptsächlich tauchen Sackson (neben AQUIRE, BAZAAR, EXUCUTIVE DECISION) und Randolph (TWIXT, BREAKTHRU, OH-WAH-REE) auf, daneben noch Frank Thibaut (CONTIGO, PLOY), Winters (HIGH BID), Bernett (PHLOUNDER) und Lipman (POINT OF LAW).
Insgesamt gibt es 29 Spiele der Bookshelf-Reihe, in Deutschland sind dann allerdings nur 10 erschienen (AQUIRE, BAZAAR, BREAKTHRU, EXECUTIVE DECISION, FACTS IN FIVE, FEUDAL, PLOY, STOCKS AND BOUNDS und TWIXT), ergänzt durch drei Klassiker (BACKGAMMON, GO und SCHACH).
Die deutschen Spiele hat Michel Matschoss betreut, der zusammen mit Alex Randolph SAGALAND entwickelt hat und lange Zeit Produktmanager für Winning Moves war.
QUINTO
Vor wenigen Tagen habe ich bei meinen Rückblicken eine alte Rezension über Sacksons QUINTO von ASS 1994 ausgegraben. Ein Spiel mit eben diesem Titel war 1964 schon in der bekannten 3M-Reihe erschienen, allerdings ohne Autorennennung.
Das alte QUINTO ist ein Legespiel mit Rechenkomponenten. Gespielt wird auf einem großem Plastikbrett mit 12x18 Feldern. Spielsteine mit Zahlenwerten zwischen 0 und 9 werden dort abgelegt, um dem Spieltitel gerecht zu werden, muss die Summe der angelegten Zahlen mindestens fünf Punkte oder ein Vielfaches davon ergeben. Dafür besitzt jeder fünf Steine, die er so vor sich aufbaut, dass die Gegenspieler sie nicht sehen können. Ausgehend von einer zentralen roten „5“ legt jeder Spieler reihum einen bis fünf Steine an. Reihen dürfen dabei nie aus mehr als fünf Steinen bestehen.
Erreichte Ergebnisse werden sofort bilanziert, dabei versuchen die Spieler möglichst Wertungen in mehr als einer Reihe hinzubekommen. Sind alle Spielsteine gesetzt und kann keiner mehr angelegt werden, endet die Partie. Übriggebliebene Steine werden vom Gesamtergebnis des Spielers abgezogen, der Spieler mit der höchsten Punktesumme gewinnt.
Da zur Bestimmung des Startspielers rote Startsteine gezogen werden und derjenige beginnt, der die „5“ zieht oder am nächsten an ihr dran ist, können auch andere Richtzahlen ins Spiel kommen, entsprechend der Vorgabe müssen alle Kombinationen dann durch diese Zahl teilbar sein.
QUINTO beschreibt man am besten als Zahlen-SCRABBLE und ähnlich wie der Buchstabenklassiker macht dieses Zahlenspiel richtig Spaß. Für Grundschulkinder ein gutes Lernspiel zum Rechnen für Zahlenräume von fünf und mehr.
Ähnlichkeiten besitzt es mit dem von der Jury Spiel des Jahres 1993 empfohlenen ZATRE von Manfred Schüling, dort musste man sich additiv an den Ergebnissen 10,11 und 12 orientieren.
Spielsteine und Spielplan erinnern an AQUIRE, eine abwischbare Punktekarte liegt ebenfalls bei. Das ist rundum ein gutes Spielpaket. Verwunderlich ist nur, dass 3M QUINTO für 2 bis 6 Personen ausweist, die Punktekarte aber nur fünf Spalten besitzt und auch nur fünf rote Steine zur Bestimmung des Startspielers beiliegen.
Titel: QUINTO
Verlag: 3M
Autor: o.A.
Spielerzahl: 2 - 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 29 - S29/2021
3M Buchkassetten
In den 60er und 70er Jahren hat die Firma 3M (Minnesota Mining & Manufacturing Company) Maßstäbe in der Spielentwicklung gesetzt, die sich auch auf den deutschen Markt auswirkten. Spiele landeten im Buchschuber und damit plötzlich im Bücherregal nicht nur von 3M, sondern als Casino-Spiel von Ravensburger oder in der E-Serie von F.X. Schmid und im kleineren Schuber von Pelikan.
Gut die Hälfte der 3M-Spiele kommt ohne Autorennennung aus, hauptsächlich tauchen Sackson (neben AQUIRE, BAZAAR, EXUCUTIVE DECISION) und Randolph (TWIXT, BREAKTHRU, OH-WAH-REE) auf, daneben noch Frank Thibaut (CONTIGO, PLOY), Winters (HIGH BID), Bernett (PHLOUNDER) und Lipman (POINT OF LAW).
Insgesamt gibt es 29 Spiele der Bookshelf-Reihe, in Deutschland sind dann allerdings nur 10 erschienen (AQUIRE, BAZAAR, BREAKTHRU, EXECUTIVE DECISION, FACTS IN FIVE, FEUDAL, PLOY, STOCKS AND BOUNDS und TWIXT), ergänzt durch drei Klassiker (BACKGAMMON, GO und SCHACH).
Die deutschen Spiele hat Michel Matschoss betreut, der zusammen mit Alex Randolph SAGALAND entwickelt hat und lange Zeit Produktmanager für Winning Moves war.
QUINTO
Vor wenigen Tagen habe ich bei meinen Rückblicken eine alte Rezension über Sacksons QUINTO von ASS 1994 ausgegraben. Ein Spiel mit eben diesem Titel war 1964 schon in der bekannten 3M-Reihe erschienen, allerdings ohne Autorennennung.
Das alte QUINTO ist ein Legespiel mit Rechenkomponenten. Gespielt wird auf einem großem Plastikbrett mit 12x18 Feldern. Spielsteine mit Zahlenwerten zwischen 0 und 9 werden dort abgelegt, um dem Spieltitel gerecht zu werden, muss die Summe der angelegten Zahlen mindestens fünf Punkte oder ein Vielfaches davon ergeben. Dafür besitzt jeder fünf Steine, die er so vor sich aufbaut, dass die Gegenspieler sie nicht sehen können. Ausgehend von einer zentralen roten „5“ legt jeder Spieler reihum einen bis fünf Steine an. Reihen dürfen dabei nie aus mehr als fünf Steinen bestehen.
Erreichte Ergebnisse werden sofort bilanziert, dabei versuchen die Spieler möglichst Wertungen in mehr als einer Reihe hinzubekommen. Sind alle Spielsteine gesetzt und kann keiner mehr angelegt werden, endet die Partie. Übriggebliebene Steine werden vom Gesamtergebnis des Spielers abgezogen, der Spieler mit der höchsten Punktesumme gewinnt.
Da zur Bestimmung des Startspielers rote Startsteine gezogen werden und derjenige beginnt, der die „5“ zieht oder am nächsten an ihr dran ist, können auch andere Richtzahlen ins Spiel kommen, entsprechend der Vorgabe müssen alle Kombinationen dann durch diese Zahl teilbar sein.
QUINTO beschreibt man am besten als Zahlen-SCRABBLE und ähnlich wie der Buchstabenklassiker macht dieses Zahlenspiel richtig Spaß. Für Grundschulkinder ein gutes Lernspiel zum Rechnen für Zahlenräume von fünf und mehr.
Ähnlichkeiten besitzt es mit dem von der Jury Spiel des Jahres 1993 empfohlenen ZATRE von Manfred Schüling, dort musste man sich additiv an den Ergebnissen 10,11 und 12 orientieren.
Spielsteine und Spielplan erinnern an AQUIRE, eine abwischbare Punktekarte liegt ebenfalls bei. Das ist rundum ein gutes Spielpaket. Verwunderlich ist nur, dass 3M QUINTO für 2 bis 6 Personen ausweist, die Punktekarte aber nur fünf Spalten besitzt und auch nur fünf rote Steine zur Bestimmung des Startspielers beiliegen.
Titel: QUINTO
Verlag: 3M
Autor: o.A.
Spielerzahl: 2 - 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 60.- DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 29 - S29/2021
Samstag, 17. Juli 2021
RAMBA ZAMBA
RAMBA ZAMBA auf dem Bauernhof
Mit einer Klassiker-Kopie reüssierte der österreichische Klavierlehrer Johannes Schmidauer-König vor fast zehn Jahren bei Schmidt Spiele. Mit DOG ROYAL variierte er den kanadischen Klassiker, der vor allem in der Schweiz viele Fans besitzt und der in Deutschland in der edlen TAC-Fassung bekannt ist.
Mit einer erneuten Kopie eines sehr beliebten Spiels wechselt er nun erstmalig den Verlag und veröffentlicht mit RAMBA ZAMBA ein Spiel bei dem Schweizer Verlag Game Factory. Hier zoffen sich Tiere auf dem Bauernhof, ähnlich wie sie einst im Jahr der Erstveröffentlichung von DOG ROYAL sich in Frank Bebenroths DRECKSAU (Kosmos) kräftig eingesaut hatten.
So wie man vor neun Jahren lauter Drecksäue vor sich liegen haben musste, sind es nun fünf Tiere einer Tierart. Schmidauer-Königs Hackordnung fängt ganz klein mit Würmern an, die die Hühner lieben, die wiederum stehen auf dem Speiseplan von Füchsen ganz oben, die zu vertreiben den Hofhunden Spaß macht. Schutz bieten wie einst die Scheunen Heuhaufen, der Blitz wird durch Heugabeln ersetzt, schließlich spielen drei Bauern noch eine marginale Rolle.
Mit drei Handkarten baut sich jeder den eigenen Bauernhof auf oder spielt eine Ärgerkarte nach rechts oder links. Die Hackordnung gilt in jedem Fall, wobei das größere oder stärkere Tier, sofort zwei kleinere Tiere verspeist oder verjagt. Hunde können dabei nur vom Bauern vertrieben werden. Schutz bieten die Heuhaufen, die aber durch Heugabeln beseitigt werden.
Tierpärchen machen es außerdem möglich, zwei Karten zu spielen. In der eigenen Auslage kann das der Sprung zum fünften identischen Tier sein, beim Gegner werden gleich vier kleinere Tiere vertrieben, wenn denn so viele da sind
Das Hin und Her, die ständigen Verluste verlangen von Kindern eine hohe Frustrationstoleranz, das war bei Bebenroth schon so, verschont wird hier niemand. Im direkten Vergleich mit dem wiederhervorgeholten DRECKSAU macht die Schlamm-Variante Grundschulkindern einfach mehr Spaß, trotzdem funktioniert RAMBA ZAMBA ähnlich gut und wer die Alternative nicht besitzt, kann problemlos zu diesem Spiel des österreichischen Autors greifen.
Turbulent geht es jedenfalls zu und Glück muss man haben mit Heuhaufen zur rechten Zeit, wenn den Gegnern die Heugabeln ausgegangen sind. Grafisch hat Michael Menzel die Kontrahenten auf dem Bauernhof sehr witzig umgesetzt.
Wertung: Nächste Woche wieder
Titel: RAMBA ZAMBA
Autor: Johannes Schmidauer-König
Grafik: Michael Menzel
Verlag: Game Factory
Spielerzahl: 2-5
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 52/2021
Freitag, 16. Juli 2021
ADEL VERPFLICHTET vs. LOUIS XIV.
ADEL VERPFLICHTET vor allem am Hof des Sonnenkönigs LOUIS XIV.
Ich bewege mich, wie gewohnt, in meiner ES WAR EINMAL-Welt, greife diesmal aber nicht auf alte Rezensionen zurück, sondern löse eine Aufgabe, vor die mich Peer Sylvester gestellt hat.
Im Rahmen eines subjektiven Privatduells zwischen Gewinnern des Deutschen Spielepreises, soll im Rahmen eines Beeple-Wettbewerbs jeweils ein Spiel weiterkommen und das andere auf der Strecke bleiben. Meine Auswahl betrifft Klaus Teubers ADEL VERPFLICHTET, den Gewinner 1990, und Rüdiger Dorns Sieger von 2005: LOUIS XIV.
Mit Anleihen an „Fux&Bär“ habe ich mich bei jedem Spiel gefragt: Ist das gut oder kann das weg?
Teubers ADEL VERPFLICHTET, bei F.X. Schmid 1990 erschienen, war nach BARBAROSSA schon der zweite Titel „Spiel des Jahres“ für Klaus Teuber. Mit seiner gleichzeitigen Auszeichnung in Essen startete er den Wettbewerb des Veranstalters der Spiel in Essen, Friedhelm Merz, gleich mit einem Doppelsieg.
Aus heutiger Sicht wird Teubers Spiel auf BGG mit einem Ranking von 6,5 geführt, steht bei den Familienspielen auf Rang 456 und auf der Gesamtliste hat es Platz 1.544 inne ( Stand 07.05.2021), die Tendenz ist fallend. Die Spielstatistik verweist gerade einmal auf drei Spiele in diesem Monat. Insgesamt werden 10.203 Partien angezeigt. Immerhin steht das Spiel noch auf 436 Wunschlisten und 423 User bieten es zum Tausch an.
Die Besonderheit von Teubers Idee, die 1990 zum Doppelsieg führte, ergab sich aus der doppelten verdeckten Aktionswahl. Thematisch wirkte alles zwar nicht so überzeugend, obwohl F.X. SCHMID das grafisch ordentlich umsetzte und sogar neue Dreiecksfiguren kreierte. Wir bewegen uns als Adlige zwischen Auktionshäusern und Schlössern, in denen Ausstellungen veranstaltet werden. Für die Entscheidungsphasen besitzt jeder zwei dieser Ortskarten und zusätzlich ein Set mit vier Geldkarten, zwei Dieben, einem Detektiv und einer Ausstellungskarte. Das Neue war damals das gleichzeitige Agieren in beiden Spielphasen.
Zuerst legen die Spieler verdeckt eine ihrer beiden Ortskarten aus. Die Spieler, die ins Auktionshaus wollen, gehen sofort in die zweite Runde. Wer den höchsten Scheck legt, hat Zugriff auf eine der beiden offenen Ausstellungskarten, wer den höchsten Dieb legt, bekommt den obersten Scheck aus der Kasse. Für den Dieb bleibt diese Aktion folgenlos, er darf dann wieder auf die Hand genommen werden.
Anders sieht das im Schloss aus. Hier gibt es mehr Optionen. Wer mindestens drei Karten in aufsteigender Buchstabenfolge vorweisen kann, darf eine Ausstellung zeigen. Ist es die größte Sammlung, wandert die eigene Spielfigur auf dem Spielplan entsprechend von Feldvorgaben voran. Auch hier können Diebe eingesetzt werden, die sich aus sämtlichen Ausstellungen bedienen. Wird ein Detektiv eingesetzt, verhindert er zwar nicht den Raub, dafür bringt er aber die Diebe ins Gefängnis, die damit für eine gewisse Zeit ruhiggestellt sind.
Landet eine Spielfigur im Zielbereich, endet ADEL VERPFLICHTET. Für die Schlussauswertung hat sich Teuber dann aber noch eine Zusatzbelohnung mit acht Schritten für den Spieler mit der größten Sammlung vorbehalten und auch der zweite bewegt sich noch vier Felder weiter. Wer dann am weitesten vorn ist, gewinnt das Spiel.
1990 war Teubers Idee eine kleine Sensation. Die gleichzeitigen Aktionen, das ständige Bluffen brachten so viele Spannungsbögen in den Spielablauf, wie man sie bisher aus keinem vorherigen Spiel kannte. ADEL VERPFLICHTET ist ein Spiel fast ohne Leerlauf mit extremer Interaktion, dafür hat es 1990 Maßstäbe gesetzt. Die Erlebnisse sind zum Teil unvergesslich, wenn im Schloss gegen Ende nicht eine einzige Ausstellung gespielt wird, sondern alle den Sherlock spielen. Ähnliches durfte ich auch umgekehrt nur mit Dieben erleben. Ein originelles Familienspiel mit Tiefgang, das auch heute noch für mich Bestand hat, vor allem zu viert und zu fünft, und nicht weg kommt!
Für Rüdiger Dorn war LOUIS XIV. schon die dritte Auszeichnung auf dem Treppchen des Deutschen Spielepreises. 2001 gewann er für DIE HÄNDLER VON GENUA (Alea) den Bronzeplatz, gleichzeitig landete sein Spiel auf der damaligen Auswahlliste der Jury Spiel des Jahres. 2004 wiederholte er diesen Erfolg mit GOA (Hans im Glück), ohne Listenerwähnung allerdings. In der schon gewohnten Kooperation mit Stefan Brück von Alea gelang ihm dann der ganz große Erfolg 2005 mit dem ersten Platz beim Deutschen Spielepreis. Allerdings würdigten die Juroren von Spiel des Jahres auch dieses Spiel Rüdiger Dorns nicht.
Im Rating auf BGG liegt LOUIS XIV. deutlich vor ADEL VERPFLICHTET. Mit einer 7,1 und einer Platzierung unter den ersten 1.000 Spielen (Platz 736; 07.05.21) steht das Spiel nicht überragend, aber ganz ordentlich da und bewegt sich im Umfeld von Greg Daigles HAWAII und dem wunderschönen GENTES von Stefan Risthaus. Bei der aktuellen Spielfrequenz nehmen sich die beiden Oldies nicht viel. Dorns Spiel ist gerade viermal herausgeholt worden. Die Gesamteintragungen ergeben 9.951 Partien. 700 User haben das Spiel auf ihrer Wunschliste stehen, fast exakt die Hälfte davon, 351, bietet es an.
Verdecktes Spielen spielt auch in Dorns „Ränkespielen am Hofe des Sonnenkönigs“ eine wichtige Rolle. Hier sind es aber vor allem verdeckte Ziele, die die bis zu vier Spieler verfolgen, um Macht und Einfluss am Hofe des Königs zu gewinnen. INTRIGE wäre auch ein guter Spieletitel gewesen, wenn ihn Stefan Dorra nicht schon besetzt hätte.
Den Hof des Königs müssen wir uns selbst errichten, auf einen Spielplan verzichtet Alea hier in der kleinen Schachtel. Auf Lücke gelegt, ergibt er sich aus zwölf Personentafeln. Einflusssteine, etwas Geld und die ersten geheimen Aufgaben begleiten uns in das Spiel. Die Agierenden sind der Geschichte des 17. Jahrhunderts in Frankreich entnommen, ein kleines Glossar am Ende der Spielregel liefert Lebensdaten und Kurzinfos. So etwas mag ich als Historiker.
Den Spielablauf hat Dorn klar und gut überschaubar strukturiert. LOUIS XIV. spielt sich in nur vier Runden, die wiederum in vier Phasen gegliedert sind. Am Anfang gibt es Geldnachschub für alle, dann können Profite aus erledigten geheimen Missionen eingefahren werden, schließlich bekommt jeder fünf Einflusskarten, die mit den ausliegenden Personenkarten korrespondieren. Entsprechend werden sie auch in der zweiten Phase genutzt. Wir nehmen Einfluss auf die Agierenden. Das Spielen einer Karte ermöglicht das Platzieren von bis zu drei Einflusssteinen auf dieser Karte. Wer möchte kann á la KALAHA, die gelegten Steinchen angrenzend verteilen, muss aber immer einen Stein auf der Ausgangskarte lassen. Das ist immer dann hilfreich, wenn man nicht anders an eine gewünschte Person herankommt. Die Mangelwirtschaft betreibt Dorn in diesem Spiel mit den Steinen, schon zu Spielbeginn wird die Gesamtzahl von 16 reduziert und es liegen je nach Startpositionen zwischen fünf und sieben Steine als Vorrat in der Tischmitte. Wer Nachschub braucht, kann sich hier bedienen und wirft eine Einflusskarte für drei Steinchen ab. Es gibt übrigens auch noch Joker-Karten, für die die Steine beliebig, aber auch begrenzt gelegt werden dürfen. Joker lassen nur zwei Klötzchen zu. Bis auf die letzte Einflusskarte werden alle gespielt, das können im Laufe des Spiels durchaus mehr als vier sein, dann folgt die Auswertung in Form einer „Ausschüttung“. Die Mehrheiten auf einzelnen Karten bringen spezielle Belohnungen, das sind vor allem Missions-Chips für die Erfüllung der Aufgabenkarten, das kann Geld sein, Wappen, zusätzliche Karten oder neue Steine. Zusatzboni schüttet die Figur des Königs aus. Einige Personen lassen sich auch bestechen, bei denen reicht die Präsenz eines Steines, sie halten ihre Hand für jeden, der zahlen möchte, auf. Zusätzlich helfen ab der zweiten Runde Intrigenkarten Mehrheitsverhältnisse zu kippen.
Abschließend wird überprüft, welche Missionen durch eingenommene Chips erfüllt wurden. Diese Karten werden aufgedeckt und bringen in Zukunft Vorteile, außerdem gibt es kostenfrei eine neue Mission dazu.
Nach vier Runden ist Schluss, für übrige Karten, Missions-Chips und Geld lassen sich Wappen eintauschen, für die Mehrheitenwertungen stattfinden. Wer die Mehrheit besitzt, bekommt ein zusätzliches Wappen, ansonsten zählen die Plättchen einen Siegpunkt. Jede erfüllte Mission bringt dagegen fünf Punkte. Wer das höchste Ergebnis erreicht, darf vielleicht das Taschentuch des Königs halten.
LOUIS XIV. muss man eine tadellose Konstruktion attestieren. Das Spiel ist klar strukturiert, besitzt durch die Einflussnahme auf die Boni, die die unterschiedlichen Personen ausschütten, genügend Spielspannung. Das Geflecht zwischen Aufgabenkarten und Personentafeln gibt ein spannendes Gegeneinander, wobei die Mehrheitenbildung sehr geschickt durch die Verschiebungsmöglichkeiten der Steine geregelt ist. Dorn hat das alles zusammen mit Stefan Brück fein austariert. Anfänger sind anfangs ob der vielen Optionen erschlagen und brauchen schon ein paar Partien, um mithalten zu können.
Da die Wappenmehrheiten letztlich nur verdeckt gewonnen werden, taucht allerdings ein Glücksfaktor in diesem taktischen Spiel auf, der hier nichts zu suchen hat. Nervig fand ich immer schon den Verwaltungsaufwand, ein Spielplan hätte dem Ganzen besser angestanden. Das Spiel hätte durchaus auch gut in eine große Alea-Schachtel gepasst.
2005 hatte Dorns Spiel und die Auszeichnung seine Berechtigung. Die Genialität einer Wasserimitation wie in NIAGARA (2. Platz beim Deutschen Spielepreis und Spiel des Jahres 2005) geht dem Sonnenkönig aber ab. Auch JAMBO von Rüdiger Dorn, das die Jury damals nominierte, ziehe ich heute noch LOUIS XIV. vor, ein Spiel wie FUNKENSCHLAG (2005 nur empfohlen) jedenfalls auch.
Vom Urteil her bleibt die Einschätzung der „tadellosen Konstruktion“. Das, was auf der Strecke bleibt, ist die Atmosphäre, wie sie sich in Versailles authentisch hätte abspielen können. Schon damals wurde Dorns Spiel immer wieder als Ableger von EL GRANDE bezeichnet. Es ist sein kleiner Bruder, der bewundernd stets zum großen aufblickt, ihn aber bei weitem nicht erreicht. Im Angebot der Mehrheitenspiele gab es daher vor LOUIS XIV. schon bessere Ideen und erst recht danach.
Das Spiel kann für mich daher weg!
Titel: ADEL VERPFLICHTET
Autor: Klaus Teuber
Grafik/Design: o.A.
Verlag: F.X. Schmid
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 - 5
Spielzeit: ca. 45 Minuten
Preis: ca. 35 DM
Wertung: Gerne morgen wieder
119/2021 04/1990
Titel: LOUIS XIV.
Autor: Rüdiger Dorn
Grafik/Design: Franz Vohwinkel
Verlag: ALEA
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 75-100 Minuten
Preis: ca. 17 Euro
Wertung: Nächste Woche wieder
120/2021 16/2005
ATMOSFEAR
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
ATMOSFEAR
Dass die Brettspielbranche massiv gegen die boomenden Computerspiele, gegen Super Mario's Gameboy-Abenteuer und die perfekten Videospiele von Nintendo und Sega anzukämpfen hat, kündigte sich schon vor einigen Jahren an. Die meisten Jugendlichen zieht's zum Bildschirm; Vernetzungsmöglichkeiten lassen inzwischen spielerische Interaktion zu, der Ausbruch aus der Isolation des Solospielers ist damit auch gelungen.
MENSCH ÄRGERE DICH NICHT! und MONOPOLY könnten demnach bald nur noch musealen Charakter besitzen und in Weihnachtsausstellungen neben Krippen und Christbaumschmuck präsentiert werden, wenn nicht die Brettspielhersteller reagieren würden. Einen Frontalangriff auf die von Videospielen verwöhnten Kids startet die süddeutsche Firma Schmidt Spiel und Freizeit. Dort will man die Gruppe der zehn bis sechszehnjährigen über das Medium Film wieder zum Brettspiel zurückführen. Die Lösung sieht man im Videobrettspiel ATMOSFEAR.
Wer sich auf ein Spielabenteuer einlässt, sollte erst einmal das entsprechende Ambiente herstellen. Spielen Sie nur abends, verdunkeln Sie den Raum, nur das notwendigste Licht zum Lesen der Spielkarten sollten Sie anlassen, so schaffen sie die beste Atmosphäre.
Der Spielmechanismus ist einfach: Sie schlüpfen in die fantastisch-gruseligen Rollen von Mumien, Vampiren und Hexen und würfeln sich über einen Rundparcours eines Friedhofes. Dabei versuchen Sie, innerhalb von sechzig Minuten sechs Schlüssel in Ihren Besitz zu bekommen und möglichst nicht Ihrem persönlichen Alptraum zu begegnen. Soweit ist das Spiel nicht weiter originell, wenn nicht die Spieldauer und der Spielablauf über ein Videoband gesteuert würden. Die Zeitangaben der Videocassette werden spieltechnisch über Zeitkarten genutzt, außerdem erscheint in unregelmäßigen Abständen der "Herr des Schlüssels" auf dem Bildschirm, der Spielleiterfunktionen übernimmt. Unter strenger Einhaltung der Regelvorgaben kommt es zu einer Interaktion zwischen Spielern und "Schlüsselmeister", dessen rigide Anweisungen immer befolgt werden müssen. Da die Gruppe letztlich gegen den "Herrn der Schlüssel" spielt, denn er gewinnt, wenn niemand die Aufgabe löst, entwickelt sich besonders gegen Ende ein hektisches, nervenaufreibendes Spiel.
Es ist sicherlich nicht jedermanns Sache, ständig mit "elender Wurm" angeredet zu werden, auch die schaurige Metamorphose des Schlüsselmeisters ist nichts für schwache Nerven. Erwachsene Spieler brechen daher häufig diesen "Blödsinn" ab. Die vom Verlag angepeilte Zielgruppe kann sich aber der Faszination dieses Spieles nicht entziehen. Thema, Sprache und Umsetzung finden hier viel Zustimmung, auch Begeisterung. Insofern scheint der Weg, den Schmidt Spiel und Freizeit hier eingeschlagen hat, erfolgreich zu sein.
Titel: ATMOSFEAR
Verlag: Schmidt Spiel und Freizeit
Autor: Phillip Tanner
Spielerzahl: 2-6
Spieldauer: 60 Minuten
Alter: ab 12 Jahre
Preis: ca. 90.00 DM
Spiel 11/1992 R150 /2021
Die Rezension erschien 1992
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
SUNSET BLVD
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Doppelgänger gesucht: SUNSET BLVD
Mit OTTIFANTEN hat der Hamburger Gunter Baars spielerisch von sich reden gemacht (Schmidt Spiele 1989). Bis 1987 war er Co-Redakteur beim MAD- Magazin und betreute dort Serien wie Ottifanten, Larry und Kosinus.
Mit SUNSET BLVD bewegt er sich durchaus weiter im satirischen Bereich, geht es doch um Original oder Fälschung bei Filmstars und ihren Imitatoren. Allein viele Zeichnungen der Stars sind das Geld wert, ein grandioser Woody Allen, ein breit grinsender Schwarzenegger, der magische Finger von E.T. und ein lachender Alf. Tom Hanks hätte ich nicht unbedingt erkannt, auch Cary Grant hätte eleganter aussehen dürfen.
Die Spieler sind Reporter und versuchen vier Stars abzulichten. Die Schauspieler und Figuren liegen in echt und als Double in einer langen Kartenschlange aus, die begrenzt wird durch eine Start- und Ziel-Karte.
Jeder bekommt vier Auftragskarten und muss beispielsweise Bilder von John Travolta, Peter Falk, Audrey Hepburn und Tom Hanks in die Redaktion bringen. Dazu würfeln alle mit drei Würfeln, von denen einer zur Bewegung einer eigenen Spielfigur genutzt wird. Landet diese auf einer verdeckten Karte, wird die umgedreht und bleibt fortan offen liegen. Liegt das Double schon aus, muss der Spieler darauf springen, das kann ein Schritt vor oder zurück sein. Gehört der Schauspieler zu den Auftragskarten, wird diese umgedreht. Der Auftrag gilt als erfüllt. Wer zuerst alle vier Aufträge schafft und das Zielfeld erreicht, gewinnt das Spiel. Wer das letzte Feld der Reihe erreicht, ohne alle Aufträge abgedeckt zu haben, muss erneut von vorn starten.
Die Regeln sind einfach, die Auswahl unter drei Würfeln schränkt den Glücksfaktor deutlich ein. Am Anfang tappen alle zwar im Dunkeln, aber mit der Zeit sind die Teiloffenbarungen durchaus hilfreich, zumal man ja alle Stars und deren Doppelgänger zum Teleportieren in die jeweils gewünschte Richtung gezielt nutzen kann. In der Regel kann deshalb die doppelte Runde verhindert werden. Insofern ist Gunter Baars ein recht unterhaltsames Spielchen mit den Stars und Sternchen aus Hollywood gelungen.
Titel: SUNSET BLVD
Autor: Gunter Baars
Grafik: Manfred Nestler
Verlag: Fun Connection/ Salagames
Spielerzahl: 2-6
Spieldauer: 30 Minuten
Preis: 16.- DM
Spiel 27/1993 R116/2021
Die Rezension erschien 1993
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Gunter Baars, Jahrgang 1962, arbeitete viele Jahre als freiberuflicher Texter, Herausgeber und Drehbuchautor, unter anderem für MAD und Ottos Ottifanten.
Er ist schon seit über 30 Jahren Spieleautor. OTTO’S GROSSES OTTIFANTEN-Spiel war 1989 seine erste Spieleveröffentlichung. Inzwischen hat er ca. 80 Ideen veröffentlicht, das Spielen in der Schachtel gehört oft zu seinem Markenzeichen.
Zu ganz großen Preisen in Deutschland hat es noch nicht gereicht. Immerhin war er mit SPARITO (Selecta, 2003) , BUDDEL COMPANY (Ravensburger, 2005), DAS GROSSE TIER-RÄTSEL (Ravensburger, 2011) und KIPP, KIPP, AHOI! (Ravensburger, 2009) auf der Auswahlliste und den Empfehlungslisten der Jury Spiel des Jahres.
Donnerstag, 15. Juli 2021
VENICE CONNECTION
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Ein veralextes Legespiel: VENICE CONNECTION
Vor einem Jahr hat der Grafiker und Spieleautor Johann Rüttinger einen eigenen Verlag gegründet. Mit dem Verlagsnamen, DREI MAGIER SPIELE, knüpft Rüttinger an einen seiner größten Erfolge an, das Noris-Spiel DIE DREI MAGIER, für das er 1985 mit dem Sonderpreis Schönes Spiel ausgezeichnet wurde.
Elf Jahre später ist ihm das nun erneut gelungen, wie 1985 ist er für die Grafik verantwortlich, die Spielidee liefert ihm aber der in Venedig direkt an einem der Kanäle lebende Alex Randolph, den wir alle als Autor neben Michael Matschoss vom Spiel des Jahres 1982, SAGALAND, kennen.
Aus einem abstrakten Puzzle mit 16 identischen Legeteilen entwickelt Randolph eine Reminiszenz an seine jetzige Heimatstadt. Wohnbebauung und Kanäle kennzeichnen die grafische Gestaltung der Kärtchen, die Vorderseite zeigt das Wasser gerade fließend, auf der Rückseite ist ein Flussbogen eingezeichnet. Das Spielziel des Legeduells formuliert Randolph ganz simpel, derjenige gewinnt, der zuerst den Kanal durchgehend schließt oder der, der erkennt, dass diese Lösung mit Hilfe der restlichen Karten nicht mehr möglich ist.
Das Besondere an VENICE CONNECTION, es wird nicht abwechselnd jeweils eine Karte gelegt, sondern es dürfen bis zu drei Karten sein, die orthogonal aneinanderpassen müssen, wobei das nicht zwingend für den Kanalverlauf gilt. Genau diese Regel bringt spannende Konstellationen, wenn man beispielsweise zwei naheliegende Verbindungen schafft, die aber weit genug auseinanderliegen.
Ein ähnliches, aber ganz abstraktes Legepuzzle hat Randolph 1973 als BANDA bei Ravensburger veröffentlicht. Die jetzige grafische Umsetzung durch Johann Rüttinger im Venedig-Setting ergibt eine ganz andere Spielatmosphäre. Hinzu kommt der besondere Druck auf venezianischem Algenpapier und dicken Papp-Plättchen. Ein fantastisches kleines Denkspiel, das auch für Soloaufgaben taugt.
Titel: VENICE CONNECTION
Autor: Alex Randolph
Grafik: Johann Rüttinger
Verlag: Drei Magier Spiele
Spielerzahl:1-2
Spieldauer: 5 - 10 Minuten
Preis: 13.- DM
Spiel 28/1996 R115/2021
Die Rezension erschien 1996 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen, der auch XE CIAO CIAO … in sein Programm nahm. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
Das Bild zeigt Randolph diesmal 1995 auf dem Autorentreffen in Göttingen zusammen mit der Ravensburger Redakteurin Charlotte Huber, sie spielen einen Nachfolger des alten Klassikers CORONA, der einst 1974 bei Ravensburger erschienen ist.
Mittwoch, 14. Juli 2021
RASENDE ROBOTER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Gedankenakrobatik: RASENDE ROBOTER
Alex Randolph, in Venedig lebender Amerikaner, hat die Grundidee von RASENDE ROBOTER schon vor 25 Jahren veröffentlicht. Das Spiel hieß damals CORONA und erschien in der legendären Ravensburger Casino-Reihe. Würfel mussten so angeordnet werden, dass sich möglichst viele Steine auf einer kreisrunden Bahn trafen. Die CORONA-Idee brachte unser Göttinger Autor und Verleger zehn Jahre später als HARUN in seiner Edition Perlhuhn heraus. Der Stuttgarter Verlag Franckh Kosmos widmete der Grundidee ebenfalls fast ein Jahrzehnt später eine ganze Spielesammlung unter dem Titel ORBIT.
Schon vorher war mit DIE VERBOTENE STADT eine Variante mit Raumbewegungen bei Ravensburger erschienen, an der orientiert sich nun RASENDE ROBOTER.
Ein variabler Spielplan mit 17 Zielfeldern, vier Roboter und entsprechende Roboter-Marker und Zielchips stellen das überschaubare Spielmaterial dar. Ein Chip definiert das Ziel, diesen gilt es mit einem bestimmten Roboter zu erreichen. Die Roboterzüge stellen sich alle Spieler erst einmal nur vor, die kleine Maschine bewegt sich ausschließlich orthogonal, stößt sie auf ein Hindernis, biegt sie rechtwinklig ab. Wer gedanklich das Ziel erreicht hat, nennt laut die Anzahl der ausgerechneten Züge und lässt den anderen noch eine Sanduhr-Minute Zeit, um seine Zahl zu unterbieten. Die anderen können natürlich auch höhere Zahlen nennen, es kann ja gut sein, dass ein Spieler sich geirrt hat.
Sobald ein Spieler den kürzesten Weg nachweisen kann, bekommt er den Chip. Wer im Spiel zu viert zuerst fünf Chips gewinnt, beendet das Spiel.
Diese Art von Gedankenspielen gefällt oder wird rundweg abgelehnt. Ich mochte schon CORONA und bin erst recht von RASENDE ROBOTER angetan. Der besondere Reiz dieser Hans im Glück-Ausgabe besteht darin, dass es oft nicht nur bei der Bewegung eines Roboters bleibt, sondern dass andere zur passenden Umlenkung in die Bahn des Zielroboters gestellt werden müssen.
Titel: RASENDE ROBOTER
Autor: Alex Randolph
Grafik: Franz Vohwinkel
Verlag: Hans Im Glück
Spielerzahl:1-
Spieldauer: 45 - 60 Minuten
Preis: 40.- DM
Spiel 22/1999 R114/2021
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen, der auch XE CIAO CIAO … in sein Programm nahm. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
Das Bild zeigt Randolph diesmal 1995 auf dem Autorentreffen in Göttingen zusammen mit der Ravensburger Redakteurin Charlotte Huber, sie spielen einen Nachfolger des alten Klassikers CORONA, der einst 1974 bei Ravensburger erschienen ist.
Dienstag, 13. Juli 2021
QUINTO
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Spiele für Zocker: QUINTO
Die Firma ASS hat mit BRAINY ein pfiffiges Deduktionsspiel des Belgiers Rik van Even und mit BÖRSENKRACH ein recht einfaches Spekulationskartenspiel in diesem Jahr herausgebracht. Herausragend in der neu eingerichteten Kartenspielserie "Spiele für Zocker" ist aber QUINTO, ein Ablege-Spiel des amerikanischen Autors Sid Sackson, bei dem fünf Karten eine wichtige Rolle spielen.
In Sacksons Spiel muss eine Fünferreihe Karten komplettiert werden, für diese Quintos gibt es Punkte. Die Karten sind entweder "Kombikarten" (64 Stück), die Farbe, Form und Anzahl zugeordnet werden können, so gibt es z.B. eine rote Karte mit vier Kreisen. Weiterhin sind 32 Wortkarten im Spiel, die nur auf ein Element hinweisen. Jokerfunktion übernehmen 14 Brücken- und Wortbrücken-Karten. Jeder Spieler bildet Ablagereihen vor sich. Die Anlegeregel ist einfach: Mindestens ein übereinstimmendes Element muss auf der angelegten Kombi-Karte oder Wort-Karte vorhanden sein, angelegt werden darf an alle Reihen. Für vollständige Quintos gibt es in der ersten Phase Punktkarten vom Stapel, in der zweiten und dritten Phase des Spiels, müssen diese noch ergänzt werden durch Punktkarten der Mitspieler, deren Reihe vervollständigt wurden.
Ein spannendes Legespiel für 2 bis 4 Spieler, das auch in einer Teamversion viel Spaß macht.
Autor und Verlag verzichten auf eine thematische Verpackung dieses Kartenkombinationsspiels. Die klare Struktur tut dem Spiel gut, in anderen Bereichen hätte ASS die Amigo-Produktion zum Vorbild nehmen sollen. In eine QUINTO-Schachtel mit 134 Spielkarten passen gut sechs 6 NIMMT! hinein. Der Käufer zahlt für riesige Luftanteile einen doppelt so hohen Preis. Das ist unverschämt. Eine Halbierung der Schachtelgröße ist hier mindestens zu verlangen. Vom Spielwert her beurteilt ist QUINTO zwar nicht preiswert, aber allemal seinen Preis wert. Nutzen Sie den Luftraum und füllen ihn mit einem 6 NIMMT!, einem CANASTA-Blatt und weiteren Kartenspielen, dann sind die lauen Sommernächte gerettet.
Titel: QUINTO
Autor: Sid Sackson
Verlag: ASS
Spielerzahl: 2-4
Spieldauer: eine Runde ca. 20 Minuten
Preis: ca. 23.00 DM
Spiel 19/1994 R112/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor:
Sid Sackson (1920 – 2002) gehört zu den weltweit bekanntesten Spieleautoren des letzten Jahrhunderts. Sackson war einer der ersten Spieleautoren, die von dieser Berufung leben konnten. Ganz wesentlich hat dazu der Welterfolg von ACQUIRE beigetragen.
In seinem Haus in der New Yorker Bronx baute er sich ein wissenschaftliches Archiv auf mit einer riesigen Sammlung an Brett- und Kartenspielen, die auf knapp 20.000 Titel geschätzt wurde. Leider fand sich keine museale Lösung nach seinem Tod für diese einmalige Sammlung. Die Spiele wurden auf einer Reihe von Auktionen verkauft und die Sammlung zerschlagen.
Neben ACQUIRE ragen Spiele wie FOCUS (Spiel des Jahres 1981), CAN’T STOP, METROPOLIS und BAZAAR aus seinem umfangreichen Gesamtwerk heraus.
Das Foto zeigt Sackson 1989 in Essen bei der legendären CAFÉ INTERNATIONAL-Runde.
Montag, 12. Juli 2021
SPAZIERGANG MIT KREISEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kreiselnd ins Rentenalter
Alfelder Spieleerfinder erfährt viel Anerkennung beim Spieleautoren-Treffen in Göttingen
Eines der ältesten Kinderspiele ist der Kreisel. Ein beliebter Zeitvertreib, der sich vermutlich von der häuslichen Tätigkeit des Spinnens ableiten lässt. Es gibt fast keinen Kulturbereich unserer Erde, in dem der Kreisel nicht zu finden ist. In altägyptischen Grabbeigaben ist er ebenso nachweisbar wie bei Indianern im brasilianischen Dschungel. Cato, sittenstrenger Römer, prägte den Satz, der im ganzen europäischen Mittelalter Geltung besaß: "Den Kreisel darfst du treiben, das Würfelspiel musst du meiden." [trochos ludo, aleas fugo].
Der Faszination des Kreiselspiels konnte sich der Alfelder Martin Schulz nicht entziehen. Im Rentenalter noch einmal aktiv werden und etwas Neues unternehmen, das erhoffte er sich vor zwei Jahren von einer Kreiselspielidee, die er im Oktober '92 an den Ravensburger Spieleverlag schickte. In den 60er Jahren hatte der ehemalige Schichtführer der Alfelder Papierfabrik ein ähnliches Spiel der Firma Schmidt Spiel&Freizeit kennengelernt, das er nun eigenständig weiterentwickelt hat.
Ravensburger konnte als Brettspielverlag mit diesem Geschicklichkeitsspiel nicht viel anfangen, lobte aber die Fleißarbeit. Ähnliche Kreiselroulette-Spiele (TIROLER KREISEL) seien relativ bekannt und auf dem Markt, so der Tenor. Martin Schulz verknüpft aber das Drehen des Kreisels mit einem bewegbaren Spielbrett. Sein Kreisel wandert durch eine hübsche Wegelandschaft. Ein weites Vorwärtsdrehen bringt entsprechend viele Punkte. Der pfiffige Dreh des Spielebastlers besteht darin, dass sein Wegeplan auf einer großen hölzernen Kugel lagert, so dass durch entsprechendes Heben und Senken des Spielbrettes der Kreisel in die erforderliche Richtung dirigiert werden kann.
In liebevoller Handarbeit fertigte dann Martin Schulz seinen SPAZIERGANG MIT KREISEL selbst. In zwei verschiedenen Größen produziert er inzwischen sein Spiel weitgehend aus Holzmaterialien, die an eine Eisenbahnlandschaft erinnern.
Viel verdienen kann er nicht mit seiner Bastelei, die großen Holzkästen sind sehr preisgünstig zu erwerben. Dafür hat Martin Schulz aber ein Hobby gefunden, dessen positives Echo auf Spieleveranstaltungen ihm mehr als Geld einbringt. Der Spaß der Kinder, aber auch der Erwachsenen, die sich am Kreisel versuchen, ist ihm der größte Lohn.
Titel: SPAZIERGANG MIT KREISEL
Verlag: Eigenverlag, Schieferkamp 11, 31061 Alfeld
Autor: Martin Schulz
Spielerzahl:1-8
Spieldauer: variabel
Preis: 35.- oder 59.- DM
Spiel 1201994 R113/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 5 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Zum Spiel und zum Autor
Das Foto zeigt Martin Schulz 1994 auf dem Autorentreffen in Göttingen
Sonntag, 11. Juli 2021
PAGODE
SAMMELSURIUM
E-Serie von F.X. Schmid
Die bei Spielesammlern bekanntesten Spiele aus dem F.X. Schmid Verlag sind die Spiele der E-Reihe. Das „E“ steht für Erwachsenenspiele, die Serie erschien in den Jahren 1973/74. Die E-Serie war die Antwort aus Prien auf die Casino-Reihe von Ravensburger und die 3M-Serie. Die Spieleschachteln ähnelten aber nur den Buchschubern von 3M. Im Grunde genommen waren es einfache Stülpschachteln mit durchaus edler Innenverkleidung.
Die am meisten gesuchten Spiele dieser Serie sind: TRADE, SAMURAI, PAGODE und SNIFF. Mit LASKA hatte der Verlag einen Klassiker im Programm, der von einem ehemaligen Schachweltmeister stammte.
Die Firma war älter als Ravensburger. Franz Xaver Schmidt gründete den Verlag 1860 in München. Anfangs wurden nur Spielwaren und Karten produziert, nach dem Zweiten Weltkrieg, das Unternehmen war inzwischen in Prien am Chiemsee ansässig, kamen auch Brettspiele und Puzzles dazu. 1997 übernahm Ravensburger die Firma, labelte bis 2000 noch Produkte unter FX, stellte dann aber die Spiele ein.
PAGODE
Angeblich liegt die Vergangenheit von PAGODE weit zurück, es stamme aus Ostasien und sei ursprünglich ein Astrologenspiel namens SCHUTI gewesen. Ob das wirklich so ist, darf bezweifelt werden. Eugen Oker, der für das Vorwort verantwortlich zeichnet, ist für seine fantasievollen Ausschmückungen von Spielgeschichten bekannt, zumal er PAGODE bewusst in einem Atemzug mit SCHACH und GO nennt. Dabei betont Oker, PAGODE besitze 6000 Kombinationsmöglichkeiten, SCHACH und GO nur 400 bzw. 1800. Damit ist klar, hier wird dem Spiel eine Vorgeschichte angedichtet, die es in höchste Regionen hebt. Als Autor wird ein Valentin Siena genannt, evtl. auch ein Pseudonym, BGG verzeichnet Oker selbst als Autor des Spiels.
PAGODE ist ein Wettbewerb um die Darstellung wertvoller Figuren auf einem Spielbrett. Das Duell findet auf einem 9x9 Brett mit grünen, roten und schwarzen Feldern statt. Gespielt wird mit 14 grünen und roten Spielsteinen, je zur Hälfte Quadrate und Säulen. Der Ablauf ist wie üblich, Steine werden ins Spiel gebracht, Säulen dürfen auf gleichfarbige Felder versetzt werden, die Steine nur wieder vom Feld genommen und später wieder eingesetzt werden. Nur für den Fall, dass ein Spieler alle seine 14 Spielsteine auf dem Brett hat, gilt, dass er beliebig viele eigene Steine vom Brett nehmen darf.
Entscheidend sind bestimmte Konstellationen von Spielsteinen. Am einfachsten ist die Hütte, die aus vier Spielstücken im Quadrat gebaut wird. Häuser haben Zwischenräume und sind zwischen 3x3 und 5x5 Felder groß. Burgen haben eine Fläche von 6x6 bis 9x9 Feldern. Türme sind langgezogene Rechtecke, schließlich bleiben die namensgebenden Pagoden, die Quadrate, die auf den Diagonalen und auf dem besonders gekennzeichneten Mittelkreuz liegen müssen.
Neben diesen „positiven“ Bauwerken, gibt es auch „negative“, so den Zaun mit drei Spielsteinen in gleichen Abständen, die Mauer mit vier Steinen in einer Reihe und die Ruine, die entsteht, wenn eines der positiven Gebäude nur aus Säulen besteht.
In den Gebäuden zählen nur die Steine Punkte, wobei Hütten nur einen Punkt, Pagoden aber 15 Punkte bringen, die Punktzahl verdoppelt sich dabei, wenn es sich um Steine auf eigenen Farbfeldern handelt.
Auch das Schlagen gegnerischer Steine ist möglich, allerdings deutlich komplizierter als in den meisten Spielen. Ein zu schlagender Spielstein muss umzingelt sein, sich damit im Fadenkreuz von vier Gegnern befinden. Dieses Kreuz muss gemeldet werden, nur wenn der Gegner sich nicht zurückzieht, darf er geschlagen werden. Nicht gemeldet werden muss der Abriss negativer gegnerischer Gebäude wie Zäune und Ruinen. Auf die Konstellation dieser Figuren muss man achten, denn diese Steine kommen, wenn angemahnt, aus dem Spiel.
PAGODE endet, wenn ein Spieler nach der Fertigstellung eines Gebäudes diese Konstellation im nächsten Zug anmeldet. Der Gegner darf nun noch kontern, gelingt es ihm, ein wertvolleres Gebäude zu errichten, hat er gewonnen.
Diese Regeln sind anfangs so gewöhnungsbedürftig, dass es mindestens drei Probepartien braucht, bis die Spieler den Durchblick haben. Den Überblick über Spielsteine, Feldfarben und die acht Gebäudeformationen zu behalten, bleibt schwer, vor allem wenn viele Steine auf dem Brett sind. Stark sind die Randfelder, da diese Steine nicht geschlagen werden können, auch das Mittelkreuz muss beachtet werden und das Setzen auf passende Farbfelder.
PAGODE ist mit gleichwertigen Gegnern ein spannendes Stellungsspiel, das F.X. Schmid damals wunderschön umgesetzt hat. Samtenes Inlett, wertige Spielsteine und eine Regel mit taktischen Hinweisen und Musterpartien.
Titel: PAGODE
Autor: Valentin Siena
Grafik: Rudolf Ross
Verlag: F.X. Schmid
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 60 DM
Wertung: Gerne morgen wieder
Sammelsurium 28 - S28/2021
Samstag, 10. Juli 2021
DICE FLICK
Zielen – Schnipsen – Punkten: DICE FLICK
Wer Würfelarenen á la DER GROSSE WURF oder STRIKE mag, wird Rami Gabers DICE FLICK lieben. Ein Glücks- und Geschicklichkeitsspiel mit Würfeln, die nicht geworfen, sondern geschnipst werden.
Gabers Schachtel-Arena besitzt 5x5 Vertiefungen, in die die Würfel gut passen, diese sind überwiegend blau, gelb und grün, außerdem gibt es noch drei weiße Jokerwürfel und zwei sogenannte Knaller-Würfel. Fünf der 25 Felder sind markiert und helfen bei den Wertungen. Da gibt es Farbfelder mit Zahlenwerten, ein +-Feld, das einem Spieler einen zusätzlichen Würfel schenkt und das zentrale Mittelfeld, das doppelt gewichtet wird.
Der Spielablauf ist, wie in der Überschrift beschrieben, ganz einfach. Zum Start zieht jeder drei Würfel aus einem Säckchen, schnipst davon über Randrampen zwei in die Arena und zieht dann wieder zwei nach. Gelingt es auch mit Hilfe der vorgegebenen Felder drei gleichfarbige Würfel orthogonal miteinander zu verbinden, werden diese addiert gewertet und kommen dann zurück ins Säckchen.
Über zehn Spielrunden werden die jeweils erreichten Punkte aufgeschrieben. Wer die meisten Punkte erschnippt hat, gewinnt das kurzweilige Spiel nach 20 Minuten und startet meist sofort in die Revancherunde.
Ein simples, aber absolut fetziges Spiel. Der Fingerschnipp, der den Würfel in die Arena befördert, entscheidet über viele, wenige oder gar keine Punkte. Manche meinen, das schaffen sie nie und dann gelingt doch der Super-Schnipp mit einer gelben „6“ in der Mitte und weiteren angrenzenden gelben Würfeln. Ohne Emotionen geht es nie zu rund um die Schnipp-Arena, Schadenfreude und echte Begeisterung halten sich die Waage und jedes Mal geht man gedanklich wieder den Finger-Schnipp schon vorher durch. Jetzt muss es doch klappen! Nun ja, welche Würfelwerte oben liegen, ist letztlich Drehglück, das nicht so richtig beeinflussbar scheint. Obwohl manche bewusst die „1“ oder „6“ nach oben legen, weil sie hoffen, dass das der Garant für hohe Ergebnisse sei. Spielspaß ist jedenfalls garantiert bei DICE FLICK.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DICE FLICK
Autor: Rami Gaber
Grafik/Design: Mühlenkind Kreativagentur
Verlag: Pegasus
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 2 - 4
Spielzeit: ca. 20 Minuten
Preis: ca. 20 Euro
Spiel 51/2021
Freitag, 9. Juli 2021
6 NIMMT!
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kartenspielneuheit 1994: 6 NIMMT!
Wohl die kleinste Spieleschachtel im 94er Sortiment der Verlage, unscheinbar, man kann auch sagen hässlich verpackt, dafür aber prall gefüllt mit 104 Spielkarten, deren graphische Gestaltung auch nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Diese Präsentation wird mit Sicherheit nicht zum Kauf anregen. Obendrein ist der Titel, 6 NIMMT!, nichtssagend, nur der Autorenname deutet Hochkarätiges an: Wolfgang Kramer (HEIMLICH & CO., AUF ACHSE u.v.a.) hat sich auf die Ochsentour begeben.
Für etwa 9.- DM erhalten Sie dieses neueste Kramerprodukt, und Sie erwerben eins seiner allerbesten Spiele. Es ist vieles ungewöhnlich an seinem Kartenspiel: So können sie es in einer großen Runde mit zehn Spielern spielen. Es ist ganz schnell erklärt, aber die Feinheiten entdeckt man erst viel später. Worum geht es? Der Kartensatz besteht aus Zahlenkarten von 1-104. Jeder Spieler hat 10 Karten auf der Hand. An vier Startkarten müssen diese Handkarten in aufsteigender Zahlenfolge angelegt werden. Abgelegte Karten müssen in die Reihe gelegt werden, in der die gewählte Karte die kleinste Differenz zu der dort liegenden Karte hat. Wenn also eine 7,23, 46 und 51 als Endkarten in den vier Reihen liegen, kann die Karte 44 nur in die zweite Reihe hinter die 23 gelegt werden. Spielentscheidend wirkt sich schließlich der Spieltitel aus: 6 NIMMT! Es dürfen nämlich nur fünf Karten in einer Reihe liegen, wer die sechste legen muss, nimmt alle vorherigen fünf auf. Die unterschiedliche Anzahl von Ochsenköpfen auf den Karten zählen in der Endabrechnung Minuspunkte, die schanzt man möglichst seinen Mitspielern zu.
Insgesamt ein raffinierter Leckerbissen für Kartenspielfreunde, die sich hoffentlich nicht durch das wenig attraktive Äußere abschrecken lassen.
Titel: 6 NIMMT!
Autor: Wolfgang Kramer
Grafik: Franz Vohwinkel
Verlag: Amigo
Spielerzahl:2-10
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: eine Runde ca. 30 Minuten
Preis: ca. 9.00 DM
Spiel 18/1994 R111/2021
Die Rezension erschien 1994
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Zum Spiel und zu dem Autor:
Der 79jährige Wolfgang Kramer ist neben Reinhold Wittig der dienstälteste Spieleautor in Deutschland und der erste, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat. Der gelernte Betriebswirt und Informatiker hängte 1989, nach zwei Spiel des Jahres-Auszeichnungen seinen Beruf an den Nagel und lebte fortan vom Spielerfinden.
Sein erstes Spiel TEMPO erschien 1974 bei ASS, HEIMLICH & CO. war sein erstes Spiel des Jahres (1986), es folgte gleich danach AUF ACHSE. In vielen seinen späteren Erfolgen war er mindestens im Team unterwegs. Bei EL GRANDE (SDJ 1996) begleitete ihn Richard Ulrich und bei TIKAL und TORRES Michael Kiesling.
Bis heute hat Kramer mehr als 100 Spiele veröffentlicht. Ganz aktuell startet er im Team mit Michael Kiesling das Programm des neuen Verlages Deep Print mit RENATURE.
6 NIMMT! gehört zu den erfolgreichsten Kartenspielen Kramers, es landete 1994 nicht nur auf der Liste der Jury, erreichte den ersten Platz beim Deutschen Spielepreis und bei der Fairplay-Auszeichnung .
Auf dem Bild ist Wolfgang Kramer 1996 in Göttingen mit seiner Gattin Ursula Kramer zu sehen.
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