Dienstag, 30. Juni 2020
DUCK
Das Cover des Spiels DUCK von HUCH! verweist auf eine englische Aussprache des Spieltitels. Christian Fiore und sein Team zeigen eine Ente mit Surfbrett und auch ihre Spielkartengestaltung geht von schwimmenden Entchen aus. Was machen die Gänsevögel aber von Zeit zu Zeit? Richtig, sie tauchen ab, gründeln zur Nahrungssuche. Johannes Krenner, der Autor des Spiels aus Wien, würde wohl eher sagen, sie ducken sich weg. Insofern spricht man den Spieltitel nach Regellektüre wohl eher deutsch aus, denn eine Form der Rundenbeendung in dem kleinen Kartenspiel von Krenner ist das Ducken.
Von Anfang an: Krenners Spiel DUCK gehört zu den typischen Ablegespielen, die allerdings nicht á la LAMA / MAU MAU auf einen Ablagestapel gespielt werden, sondern eher á la SKYJO individuell der persönlichen Kartenoptimierung dienen. Diese Optimierung findet nicht in einer Auslage, sondern auf der Kartenhand statt. Im Spiel sind 69 Entenkarten in drei Farben mit den Werten 0 bis 8, wobei die Randkarten nur einmal vorkommen, von allen anderen gibt es drei.
Das Spiel läuft über fünf Runden, die durch Rettungsringe bilanziert werden. Wer eine Runde gewinnt bekommt einen Ring, der am Anfang sechs und später zehn Siegpunkte wert ist. Für Spieler, die sich zur falschen Zeit wegducken, bringen die Rettungsringe allerdings bis zu vier Strafpunkte. Alle starten mit sieben Handkarten und einer Karte in der offenen Auslage. Wer an der Reihe ist, spielt entweder beliebig viele Karten einer Zahl aus, wobei die Kartenfarbe gleichgültig ist, oder er spielt eine Zahlenabfolge von Karten einer Farbe aus, die aber aus mindestens drei Karten bestehen muss. Danach wird eine Karte verdeckt nachgezogen oder offen vom Ablagestapel der beiden Spielenachbarn.
Das Ablagesystem führt dazu, dass die Kartenwerte auf der Hand sich verringern. Sobald die Summe der Karten weniger als zehn Punkte beträgt, darf sich ein Spieler „ducken“. Er signalisiert damit, dass er meint, die niedrigste Punktesumme auf der Hand zu haben. Das Ducken beendet sofort die Runde, wie natürlich auch die Situation, in der ein Spieler keine Karten mehr auf der Hand hält. Wer sich korrekt duckt und alleine die wenigsten Kartenpunkte besitzt, erhält den Rettungsring, wer sich falsch duckt, erhält den Ring ebenfalls, muss ihn aber umdrehen, sodass seine Minuswerte zu sehen sind. Was viel interessanter und oft auch lukrativer ist, ergibt sich aus der Bilanz für alle anderen Beteiligten. In jedem Fall geht der mit der höchsten Summe leer aus, alle anderen legen aber ihre höchste Karte als Gewinn ab. Gerade die ersten Runden kann das mehr sein als der Rettungsring an Siegpunkten bringt.
DUCK wird durch diese wenigen Regeln zu einem erstaunlich raffinierten Spiel mit Bluffkomponenten. Da behält man den 8er-Wert, um lukrativ nebenbei zu punkten oder man sammelt bewusst viele ganz niedrige Karten, die andere provozieren könnten, sich zu ducken. Wenn man dann in der Partie zu dritt mit vier Karten nur drei oder vier Punkte auf der Hand hat und der sich duckende Gegner mit zwei Karten fünf oder sechs, bekommt der Minuspunkte, der dritte Spieler geht leer aus und man selbst bekommt vielleicht zwei oder drei Siegpunkte. Das kann vor allem eine Strategie in der vorletzten und letzten Runde sein, wenn damit neun oder zehn Siepunkte ins Wasser fallen. In dem kleinen Kartenspiel Krenners steckt jedenfalls mehr drin, als man anfangs erwartet. In der aktuellen Badesaison spiele ich DUCK jedenfalls gerne morgen wieder.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: DUCK
Autor: Johannes Krenner
Grafik/Design: Fiore GmbH
Verlag: HUCH!
Alter: ab 8 Jahren
Spielerzahl: 3 – 5
Spielzeit: ca. 20 -30 Minuten
Preis: ca. 9 Euro
Spiel 47/2020
Zum Autor:
Johannes Krenner ist bekannt durch die Marc-Uwe Kling Spiele bei Kosmos, die er u.a. mit Alexander Pfister zusammen entwickelt hat. Der Wiener ist freiberuflich als Grafikdesigner und Spieleautor tätig. In die Spielszene kam er als Scout und Spieleentwickler für die Spieleagentur White Castle. Das Foto zeigt ihn im Rahmen dieser Tätigkeit auf dem Autorentreffen in Göttingen 2011 zusammen mit Anita Landgraf.
Montag, 29. Juni 2020
CIAO, CIAO …
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
CIAO, CIAO und ab geht’s in den Dschungel
Dem Drei Magier Spieleverlag ist wie schon bei VENICE CONNECTION ein wundervolles Kunstobjekt mit CIAO, CIAO ... gelungen. Die quadratische Spieleschachtel liefert das passende Ambiente, eine Dschungellandschaft mit fleischfressenden Pflanzen. In diesem gefährlichen Wirrwarr möchte man nicht untergehen.
Eben das blüht ständig den kleinen Holzpöppeln, die sich über eine Dschungelbrücke vorwärtsbewegen. Der Spielmotor beruht auf einem Bluff-Prinzip. In einer kleinen Dose mit durchsichtigem Deckel steckt ein Würfel, der vorgibt, wieviel Felder die eigenen Spielfiguren vorankommen. Zwei Kreuze auf den Würfelseiten signalisieren aber die Absturzmöglichkeit.
Da gilt es, kräftig den anderen etwas vorzuschwindeln, in der Hoffnung, dass man überzeugend lügen kann. Ein kleines, nettes Spielchen zum Aufwärmen in äußerst attraktiver Verpackung, hervorragend als Mitbringsel geeignet.
Wieland Herold
Titel: CIAO CIAO …
Verlag: Drei Magier Spiele
Autor: Alex Randolph
Grafik: Johann Rüttinger
Spielerzahl: 2 bis 4
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 25.- DM
Die Rezension erschien 1998 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 5/1998 R 70/2020
Zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen, der auch XE CIAO CIAO … in sein Programm nahm. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
Das Bild zeigt Randolph diesmal 1995 auf dem Autorentreffen in Göttingen zusammen mit der Ravensburger Redakteurin Charlotte Huber, sie spielen einen Nachfolger des alten Klassikers CORONA, der einst 1974 bei Ravensburger erschienen ist.
Sonntag, 28. Juni 2020
BRESK!
Frans de Boevere leitet eine Judoschule im niederländischen Breskens, eine kleine Gemeinde in der Provinz Seeland. Zusammen mit seinem Sohn Milan grüßt er sie spielerisch mit seinem ersten Spiel und dem passenden Namen für ein Kreuzwort-Puzzle im Roll & Write Stil. BRESK! Ist vor wenigen Wochen bei Jumbo erschienen und weiß durchaus zu überzeugen.
Wortspiele sind im Roll & Write Genre eher selten, von den aktuellen Spielen fällt mir eigentlich nur KROSS THE WORDZ von moses. und KREUZWORT von Kosmos ein. BRESK! reiht sich hier gut ein und kann gegen die beiden Konkurrenten durchaus bestehen.
Der Reiz dieser Idee von Vater und Sohn Boevere besteht in der Mischung aus Zufall und Steuerung. Mit hälftiger Chance dürfen die Spieler gezielt Buchstaben aussuchen, die sie alle in einem 8x8 Kreuzwortraster unterbringen müssen. Gesteuert wird das Ganze über den speziellen BRESK-Würfel, der die freie Auswahl von einem, zwei oder drei Buchstaben zulässt, dann aber auch mit ein Drittel Chance den zufälligen Wurf eines Alphabet-Würfels fordert, der nicht unbedingt die passenden Ergebnisse liefert. Eingetragen werden Wünsche und Wurfergebnisse nach Gusto. Ein Wunsch, durchaus auch ein Wurfergebnis kann ein Leerfeld sein, das zur Abgrenzung von Worten notwendig ist.
Die Abrechnung ist einfach, die Boeveres verzichten auf steigende Wertungspunkte bei langen Begriffen, ganz simpel erzielt jeder Buchstabe in jedem vollständigen Wort einen Punkt. Nur das längste Wort und die meisten Wörter werden extra belohnt.
BRESK! zeigt, dass die alte Kreuzwort-Idee, wie auch in dem Kosmos-Spiel von Bernhard Lach und Uwe Rapp immer noch trägt. Der große Vorteil der Idee der Niederländer liegt in der gezielten Buchstabenwahl. Da kann man langfristig auf gewünschte Worte hinarbeiten, achtet aber auch darauf, dass man den Gegnern nicht zu sehr ins Kreuzwort-Raster spielt.
Was mir fehlt, ist die Sicherstellung unterschiedlicher Ausgangslagen. Wer normal nach den Regeln startet und vielleicht gleich drei Buchstaben nennen darf, nimmt eventuell die in der deutschen Sprache gut verwendbaren „L“, „E“ und „N“, die alle identisch nutzen könnten. Es macht mehr Sinn, alle mit drei verschiedenen Buchstaben vom Buchstabenwürfel starten zu lassen, das stellt einen unterschiedlichen Spielablauf sicher.
Wer Spaß an Wortspielen hat, wird BRESK! gerne spielen. Es funktioniert gut im Duell, aber auch in voller Besetzung, wobei weniger Spieler eindeutig die besseren Ergebnisse bringen.
Jumbo liefert eine ordentliche Ausstattung dazu. Der Wertungsblock mit 50 doppelseitigen Blättern besitzt eine gute Qualität, die Holzstifte sind solide, die Würfel hochwertig. Für familiären Einsatz und in der Schule ein- und mehrsprachig eignet sich BRESK! ideal. Gegen die Konkurrenz von moses. und Kosmos kann Jumbo bestehen, Frans de Boevere würde seinen kleinen Schülern sagen, „da reicht ein Nage-waza, um sie auf die Matte zu schicken!“
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: BRESK!
Autor: Frans und Milan de Boevere
Grafik/Design: o.A.
Verlag: Jumbo
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 – 5
Spielzeit: ca. 20 -30 Minuten
Preis: ca. 11 Euro
Spiel 46/2020
Samstag, 27. Juni 2020
XE QUEO! – DER IS‘ ES!
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Ein alexisches Spiel: XE QUEO! – DER IS‘ ES!
Der Altmeister der Spieleautoren, der in Venedig lebende Amerikaner Alex Randolph (SAGALAND, TWIXT), feiert 1999 seinen 77. Geburtstag. Deshalb spielt die Zahl „7“ auch eine besondere Rolle in seinem neuesten Spiel XE QUEO! – DER IS‘ ES!: 7x 7 Spielfelder mit 7 verschiedenfarbigen Spielfiguren, die jeder bewegen darf, 7 Goldringe, von denen stets einer im Spiel ist, und für jeden Spieler 7 Farbkärtchen.
Keine opulente, aber eine ausreichende Ausstattung für ein taktisches Bluffspiel. Die Spielfiguren werden beliebig auf den 49 Feldern verteilt, auf ein Feld wird einer der Goldringe gelegt. Diesen gilt es zu erwerben. Dazu legt jeder Spieler vorher geheim einen Spielstein fest, mit dem er diesen Ring erobern möchte. Danach bewegen die beiden Spieler abwechselnd die Spielfiguren immer näher an den Ring heran. Sie dürfen die Figuren ein Feld weit ziehen oder wie beim HALMA springen. Schafft man es, seine vorher festgelegte Figur als erster in den Ring zu setzen, erhält man diesen. Alles wäre dabei ganz einfach, wenn nicht der Gegner ein zu offensichtliches Vorpreschen in Richtung des Ringes mit dem Titel des Spieles XE QUEO! – DER IS‘ ES! kontern könnte. Stimmt dessen Vermutung, erhält er nämlich den Ring.
Venezianischer Titel, venezianischer Autor – ein alexisches Spiel. Randolph hat mit dem unauffälligen, kleinen Spielchen wieder einmal seine Klasse bewiesen. Seine besten Spiele zeichnen sich stets dadurch aus, dass ein minimaler Regelaufwand einen maximalen Spielspaß hervorbringt.
Teilhaben an dem Spaß mit dem bei Drei Magier Spiele erschienen XE QUEO! – DER IS‘ ES! können zwar nur zwei Spieler, es eignet sich aber auch gut als kleines Turnierspiel in größeren Spielerunden.
Wieland Herold
Autor: Alex Randolph
Verlag: Drei Magier Spiele
Grafik: Johann Rüttinger
Preis: ca. 25 DM
Spieler: 2
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: ca. 10 Minuten
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 13/1999 R 69/2020
Zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen, der auch XE QUEO! – DER IS‘ ES! in sein Programm nahm. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
Das Bild zeigt Randolph 1989 in Essen bei dem legendären Zusammentreffen mit Wolfgang Kramer und Sid Sackson zu einer Partie CAFÉ INTERNATIONAL, an der auch der Autor Rudi Hoffmann teilnahm (hier nicht mir im Bild).
Freitag, 26. Juni 2020
TIKAL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
TIKAL – abenteuerliche Entdeckungsreise im Urwald Guatemalas
Lang, lang ist’s her, dieses Gefühl, nach der ersten Spielrunde sagen zu können: Wahnsinnig gutes Spiel, sofort noch einmal! EL GRANDE und SIEDLER müssen mit dem Rückblick auf 1995 und 1996 herhalten, und dann erinnere ich mich fast nur noch an alte Klaus Teuber-Spiele. Brettspielerlebnisse, bei denen man feuchte Hände während des Spielverlaufs bekommt, sind wahrlich nicht so häufig anzutreffen und von der großen Firma aus Ravensburg haben wir sie fast eine Ewigkeit nicht mehr erlebt. 1999 ist alles anders. Das Spitzenspiel dieser Spielesaison, ausgezeichnet mit dem Titel „Spiel des Jahres“, kommt vom Bodensee. Mit TIKAL von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling werden zwei bis vier Spieler in den Urwald Guatemalas entführt, um sich dort auf die Suche nach Mayatempeln zu begeben.
Größtenteils unerforschte Urwaldlandschaft liegt vor den Spielern, nur auf vier sechseckigen Feldern lüftet der mittelamerikanische Dschungel sein Geheimnis. Ein Basiscamp zum Start großer Expeditionen ist sichtbar, und jeder Spieler verfügt über einen Expeditionsleiter und 18 weitere Teilnehmer, außerdem erhält er zwei Zelte zur Errichtung neuer Camps. Neben dem Zeltlager befinden sich links und rechts zwei Tempelstätten der Mayas mit dem Wert 1, abgeholzt liegt zwischen ihnen eine freigelegte Urwaldfläche brach. Sonst blicken die Spieler auf eine undurchdringliche Waldlandschaft, begrenzt durch Flüsse, Gebirge und Vulkane. Neben dem Spielplan liegen 36 sechseckige Geländetafeln bereit, die nach Buchstaben von A bis G geordnet sind, sie verbergen die Geheimnisse dieses Dschungels. Außerdem liegen am Spielplanrand quadratische Tempelplättchen mit aufsteigenden Zahlenwerten von zwei bis zehn und 24 Schatzkärtchen.
Im Grundspiel decken die Spieler reihum eine Geländetafel auf und legen sie an bereits vorhandene Tafeln an. Über Steinplatten muss dabei die neu gelegte Tafel mindestens von einer Seite her begangen werden können. Die Geländekarten können einfache Urwaldkärtchen sein, auf denen neue Camps errichtet werden dürfen, außerdem findet man unter ihnen weitere Tempelanlagen, Schatzfelder und drei Vulkantafeln in den Buchstabenphasen B, D und F, die stets Wertungsrunden einleiten.
Nach Legen der Geländekarte darf der Spieler insgesamt zehn Aktionspunkte für unterschiedliche Aktivitäten verbrauchen. Dabei muss man wissen, dass in den Wertungsphasen vor allem die Tempelpunkte der Anlagen zählen, bei denen ein Spieler die Mehrheit von Expeditionsteilnehmern besitzt, außerdem zählen gefundene Schätze, von denen es insgesamt acht verschiedene gibt, die jeweils dreimal vorhanden sind. Für einzelne Schätze erhält man einen Punkt, Pärchen bringen drei Punkte und ein Drilling 6 Punkte. Auf die Wertungen hinarbeitend, versuchen die Spieler, ihre zehn Punkte geschickt einzusetzen.
Das Spiel bietet dabei vielfältige taktische Möglichkeiten, die schon beim geschickten Platzieren der Geländekarte beginnen. Expeditionsteilnehmer ins Spiel zu bringen kostet einen Punkt, möglich ist dies nur im Basiscamp und später errichteten eigenen Camps. Das Bewegen der Forscher kostet pro Steinplatte einen Punkt. Manche Zugänge über drei Steinplatten sind recht teuer, bei entsprechender Kartenablage können die Kosten sogar noch weiter gesteigert werden. Die freigelegten Tempelanlagen besitzen Werte von eins bis sechs, durch Spateneinsatz können weitere Ebenen bis zum Wert zehn freigelegt werden. Pro Zug können dies maximal zwei Ebenen einer Pyramide sein, sofern zwei Arbeiter zur Verfügung stehen und vier Aktionspunkte geopfert werden. Auf den Schatzfeldern liegen maximal vier Schätze versteckt, die für drei Aktionspunkte pro Schatz gehoben werden dürfen. Auch hier gibt es eine Begrenzung von zwei Schatzkarten pro Zug und Feld. Für drei Punkte darf man die Mitspieler zum Schatztauschhandel zwingen, um an Pärchen oder Drillinge zu gelangen. Noch teurer kommt die Einrichtung eines neuen Camps, das einerseits fünf Aktionspunkte kostet, andererseits aber zu erheblichen Einsparungen bei den Wegekosten führt. Zweimal im Spiel besitzt man außerdem die Möglichkeit, einen Tempel mit einem Wächter zu schützen, so dass bei einem teuer erkauften Zehner- oder Neunertempel die Mehrheitsverhältnisse nicht mehr verändert werden können. Voraussetzung für eine solche Übernahme ist allerdings, dass der Spieler zu diesem Zeitpunkt die Mehrheit am Tempel besitzt. Ein Expeditionsteilnehmer wird zur Kennzeichnung auf die Spitze des Tempels gesetzt, alle anderen, die zur Mehrheitsbildung nötig waren, gehen verloren.
Die Möglichkeiten, seine zehn Aktionspunkte einzusetzen, spiegeln die Vielfältigkeit im Spielablauf wider. Das erst allmähliche Eindringen in den Urwald eröffnet immer neue Perspektiven, zumal die ersten Pyramiden mit Zweierwerten noch wenig attraktiv sind. Von zentraler Bedeutung ist im weiteren Spielverlauf die strategisch günstige Einrichtung neuer Camps, zumal damit automatisch Geheimgänge zwischen dem Basiscamp und allen eigenen eingerichtet werden, die kostengünstige Bewegungssprünge ermöglichen.
Für die Wertungsphasen haben sich Kramer und Kiesling einen interessanten Ablauf einfallen lassen. Beim Aufdecken einer Vulkankarte wird nicht der Ist-Zustand gewertet, sondern jeder Spieler macht für sich eine Wertung, nachdem er zehn Aktionspunkte eingesetzt hat. So können in einer Wertungsrunde Pyramiden einmal für den einen, dann wieder für den anderen Spieler gewertet werden, wenn die Mehrheitsverhältnisse geändert wurden. Die jeweiligen Punkte werden auf einer Außenskala angezeigt. Dieser Wertungsmechanismus gilt auch für die Schlusswertung nach Legen der letzten Geländetfafel. Die Zugreihenfolge ergibt sich durch den Punktestand, so dass der hinten liegende Spieler zuerst werten darf und damit in eine etwas günstigere Position kommt als die vor ihm liegenden.
Nach einer ersten Partie TIKAL empfehle ich, nur noch die Profiversion zu spielen, die sich insofern von der Grundfassung unterscheidet, dass jeder Spieler mit einem Vorschusskapital von zwanzig Punkten startet, um die Geländetafeln ersteigern zu können. Pro Spielrunde werden so viele Tafeln aufgelegt, wie Spieler teilnehmen. Der Spieler, der in der dann folgenden Versteigerungsrunde am meisten bietet, hat die freie Auswahl unter den ausliegenden Karten und erhält den ersten Zug, was von großer Bedeutung sein kann. Danach werden die restlichen Karten versteigert. Der gezielte Einsatz von Karten ist mit dieser Versteigerungsvariante viel besser möglich.
Spannung vom Spielanfang bis zum Schluss! Auf längere Grübelphasen muss man bei TIKAL aber eingestellt sein. Viel besser kann ein Spiel nicht sein, wobei die Umsetzung der Ravensburger vom Spielmaterial her (Holzsteine, Holzzelte, Spielbrett und –Karten in der gewohnten Qualität) und von der optischen Gestaltung (Franz Vohwinkel) zusätzlich zur gelungenen Spielatmosphäre beitragen.
Heo
Titel: TIKAL
Verlag: Ravensburger
Autoren: Wolfgang Kramer und Michael Kiesling
Grafik: Franz Vohwinkel
Spieler: 2-4 Spieler
Alter: ab 10 Jahren
Dauer: 90 bis 120 Minuten
Preis: ca. 50.- DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 9 von 10 Sternen,
das entspricht: Jederzeit wieder
Spiel 12/1999 R 68/2020
Zum Spiel und zu den Autoren:
Die erfolgreiche Zusammenarbeit des Autorenteams Kramer& Kiesling begann 1997 mit HASTE WORTE (F.X. Schmid). TIKAL war 1999 der erste ganz große Erfolg, dem dann sofort der zweite mit TORRES folgte. Mit Spielen wie VERFLIXXT! und PALÄSTE VON CARRARA sind die beiden Autoren nur knapp an der großen Auszeichnung vorbeigeschrammt.
Mit TIKAL gelang Kramer&Kiesling ein Doppelerfolg, Sie gewannen nicht nur den Pöppel für das „Spiel des Jahres“, sondern landeten auch auf dem ersten Platz beim Deutschen Spielepreis. Das Foto zeigt bei de Autoren bei der Preisverleihung in Essen.
Donnerstag, 25. Juni 2020
TACTIX
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Aus DUELL wird TACTIX
Es war einmal ein großer amerikanischer Spieleverlag, der vor knapp zwanzig Jahren mit die besten Spiele auf dem deutschen Markt herausbrachte. Parker hieß dieser Verlag, der inzwischen in Symbiose mit MB zur Dachgesellschaft Hasbro gehört und im Augenblick hauptsächlich das traditionelle Geschäft von TRIVIAL PURSUIT und MONOPOLY weiter betreibt. Die hochkarätigen Taktikspiele der frühen 80er Jahre sind bei Parker in Vergessenheit geraten. Dem Berliner Verlag Schmidt Spiele ist es zu verdanken, dass eines der besten alten Parkerspiele die Würfelschlacht DUELL von 1975 nun wieder als TACTIX zugänglich ist.
Neun weiße und neun schwarze große Holzwürfel, davon zwei Königswürfel, und ein Spielbrett mit neun mal neun Feldern genügen für die Umsetzung einer hervorragenden und spannenden Spielidee. Spielziel ist es, mit den eigenen Würfeln den gegnerischen Würfelkönig zu schlagen oder mit dem eigenen König auf dessen Feld zu gelangen. Die Bewegung der Würfel ergibt sich aus der jeweils oben erkennbaren Würfelzahl durch Kippen des Würfels. Die Würfel sind entsprechend gefräst und die Kanten des Spielbretts ermöglichen einen reibungslosen Ablauf.
Eine eigentlich simple schachähnliche Spielidee, die aber zu spannenden Spielepartien führt. Die Neuauflage hat sich gelohnt: TACTIX gehört zu den anspruchsvollsten Zweipersonen-Taktikspielen, die zurzeit auf dem Markt sind.
Wieland Herold
Titel: TACTIX
Verlag: Schmidt Spiele
Autor: Geoff Hayes
Spieler: 2
Alter: ab 8 Jahren
Dauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 39.- DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 11/1999 R 67/2020
Dienstag, 23. Juni 2020
SCHLAUER BAUER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
QUARTETT und MEMO-Mischung
Den QUARTETT- und MEMO-Gedanken miteinander zu verknüpfen, ist nicht mehr ganz neu. Trotzdem gefällt mir die preiswerte Umsetzung dieser Spielidee in SCHLAUER BAUER von Michael Schacht im Verlag Adlung-Spiele sehr gut.
Bauer Florian besitzt je 16 Schweine, Ziegen, Esel und Schafe. Die entsprechenden Spielkarten werden von den zwei bis fünf Spielern ab sechs Jahren nacheinander verdeckt abgelegt, sodass im Laufe des Spieles eine Weidefläche entsteht, auf der sich die vier Tiersorten tummeln. Hat ein Spieler eine Karte gelegt und meint nun, vier gleiche Tiere aufdecken zu können, darf er mit der Suche beginnen. Findet er die richtigen Karten, nimmt er das gefundene Quartett.
Deckt er eine falsche Karte auf, muss er diese sofort verdeckt zurücklegen und sein Spielzug ist beendet. Alle bereits aufgedeckten Karten bleiben aber offen liegen, sodass der nachfolgende Spieler mit mehr Chancen weitersuchen darf. Sind alle 64 Karten auf der Weide, wird so lange weitergesucht, bis nur noch vier Tiere auf dem Tisch liegen. „Schlauster Bauer“ ist natürlich der Spieler mit den meisten Tieren im Stall.
Klein verpackt, eignet sich das Spiel gut als Mitnahmespiel, die Klassikerkomponenten QUARTETT und MEMO verknüpft Michael Schacht hier vorzüglich.
Heo
Titel: SCHLAUER BAUER
Verlag: Adlung-Spiele, Küferstr. 40/1, 71686 Remseck, T. 07146/44005
Autor: Michael Schacht
Grafik: Jürgen Martens
Spielerzahl: 2-5
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: 10 bis 15 Minuten
Preis: ca. 10.- DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 10/1999 R 66/2020
Zum Autor:
1998 war der SCHLAUE BAUER erst das vierte Spiel, das der junge Frankfurter Autor veröffentlichen konnte. Der Grafik-Designer Schacht arbeitete in dieser Zeit für Werbeagenturen. Für seinen erfolgreichen Weg zum professionellen Spielautor spielte der Wettbewerb für Spieleautoren, den der Hippodice-Spielclub unter der Leitung Karsten Hösers veranstaltete, eine entscheidende Rolle.
So landete das 1995 ausgezeichnete CHARTS 1996 bei Piatnik. Den Wettbewerb 1998 gewann er mit KONTOR (vgl. Bild von der Preisverleihung mit Karsten Höser). Mit der Umsetzung durch Goldsieber gelangte Schacht 1999 erstmalig auf die Auswahlliste für das „Spiel des Jahres“, das er dann 2007 für ZOOLORETTO gewann.
Montag, 22. Juni 2020
FROSCHKONZERT FÜR DIE PRINZESSIN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Dreidimensionale Spiele müssen nicht aufwendig sein, keine Plastikorgien in überdimensionierten Verpackungen. Spiele, die sich vom einfachen Spielbrett lösen, sind für Kinder phantasieanregend, besonders wenn sie an bekannte Geschichten anknüpfen. Vorbild für das Spiel FROSCHKONZERT FÜR DIE PRINZESSIN des Schweizer Autorenteams Stefanie Rohner und Christian Wolf war das Märchen vom Froschkönig. Aus der Spielschachtel entsteht zu Spielbeginn das Schlafzimmer der Prinzessin mit einem großen Himmelbett, vor dem die junge Prinzessin steht, die sich zu Bett begeben möchte. Zur Ruhe kommt diese junge Dame am besten, wenn viele Frösche quaken. 12 kleine Holzfrösche gehören mit zu den Spielutensilien.
Das eigentliche Spiel für zwei bis vier Kinder ab vier (Verlagsangabe), besser fünf Jahren ist ein Bluffspiel mit Karten. Es gibt 20 Karten mit quakenden Fröschen, die das Schlaflied für die Prinzessin singen, aber auch 12 Karten mit Fröschen, die lieber auf Fliegenjagd gehen. Wer an der Reihe ist, legt entweder eine Karte auf das Prinzessinnenbett und behauptet damit, dass sein Frosch mitsinge, oder er hat Einwände gegen den dort ausliegenden Frosch-Chor und zweifelt die Singlaune der Frösche an. Die Abrechnung erfolgt über die kleinen Holzfrösche. Wird man als Schwindler ertappt, muss einer dieser kleinen Quaker, an den Spieler, der Zweifel hatte, abgegeben werden. Sind alle Karten gespielt, gewinnt das Kind, das den größten Frosch-Chor besitzt.
Spielidee und märchenhafte Umsetzung sind in diesem preiswerten Kinderspiel vorzüglich gelungen.
HEO
Titel: FROSCHKONZERT FÜR DIE PRINZESSIN
Verlag: Piatnik
Autor: Rohner & Wolf
Spielerzahl: 2-4
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 22.- DM
Die Rezension erschien 1997 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 2/1997 R 65/2020
Zu den Autoren:
In den 90er Jahren waren die Schweizer Stefanie Rohner und Christian Wolf das erfolgreichste Autorenpärchen in der Spieleszene. Rund 100 Spiele haben beide ab 1986 über ihr Baseler Atelier Rohner & Wolf veröffentlicht.
ORIENT-EXPRESS in der kooperativen Herder-Reihe war ihr erstes Spiel. Leben konnte das Autorenpaar, das sich während des Philosophie-Studiums Anfang der 80er Jahre kennengelernt hatte, davon noch nicht. Der Erfolg kam 1990 mit der unspektakulären SCHOKO HEXE bei F.X. Schmid, das sich laut Wikipedia über 200.000 Mal verkauft hat. Mit dem Familienspiel DAS GEHEIMNIS DER PYRAMIDE (Jumbo) landeten sie 1990 auf der Auswahlliste der Jury und gewannen in Frankreich den As d’Or.
Die gute Zusammenarbeit mit der Redakteurin Karin Pennther von Haba führte dazu, dass die Bad Rodacher Firma quasi zu ihrem Hausverlag wurde. Gut drei Viertel ihrer Veröffentlichungen erschienen zwischen 1993 und 2005 bei Haba. Vor allem 1996 dominierten sie mit sechs Veröffentlichungen das dortige Verlagsprogramm. Während dieser Zusammenarbeit entstand das Goldwäscherspiel KLONDIKE, schon 1993 erschienen, als sich Haba erstmalig jenseits der gelben Schachteln positionieren wollte. Wieder zurück in der großen gelben Verpackung und als Kinderspiel eingeordnet wurde KLONDIKE 2001 gegen IM MÄRCHENWALD und die RÜSSELBANDE zum ersten Kinderspiel des Jahres gewählt.
In der Zeit des größten Erfolgs engagierte sich Stefanie Rohner auch als 2. Vorsitzende der SAZ, für die sie lange in der Arbeitsgruppe Vertrag sehr aktiv tätig war.
Das Bild von beiden mit ihrer Haba-Redakteurin Karin Pennther stammt vom Göttinger Autorentreffen aus dem Jahre 1996.
Sonntag, 21. Juni 2020
MATSCHIG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Wer schmeißt denn da mit Lehm?
„Sie unterstützen durch den Kauf dieser Spiele einen innovativen Kleinverlag. DANKE“, weiß gedruckt, auf rotem Grund, macht der Fanfor-Verlag für sich Reklame. Für anspruchsvolle strategische Brettspiele und hochkarätige komplexe Wirtschaftsspiele ist Valentin Herman, Inhaber des Verlags, bekannt und viele haben seinen „innovativen Kleinverlag“ bisher gerne durch den Kauf seiner Spiele unterstützt.
Seine kleine Neuheit kommt schon vom Spieletitel seichter daher. MATSCHIG ist ein „Fun Kartenspiel“, in dem es darum geht, die Mitspieler mit Matsch zu bewerfen, damit sie möglichst viele Schlammpunkte erhalten. Gesucht wird der „Saubermann der Schlammschlachten“, derjenige, der nach drei bis sechs Spielrunden am wenigsten Schlammpunkte aufweist.
Schlamm entsteht bekanntlich aus einer Mischung aus Sand und Wasser. „Perfekter Schlamm“ besitzt gleiche Mischungsanteile, nur solcher Schlamm kann zum direkten Bewurf von Mitspielern genutzt werden. Dazu besitzt jeder sieben Spielkarten; das können Wasser- und Sandkarten sein mit Werten von 1 bis 5 und der 7, aber auch Regenschirmkarten zur Abwehr mit Werten von 1 bis 7 oder weitere Abwehrsonderkarten.
Der Startspieler muss stets eine Sand- und eine Wasserkarte gegen einen Mitspieler ausspielen. Entsteht durch die gelegten Karten „perfekter Matsch“, muss sich der angegriffene Spieler sofort wehren. Wobei jede Sand- und Wasserkarte mit entsprechenden Regenschirmkarten abgewehrt werden kann. Auch Sonderkarten dienen der Abwehr; von ihnen darf stets aber nur eine Karte gespielt werden. So vernichtet die Windkarte den Sand, die Sonnenkarte das Wasser, mit „Ducken“ und „Verteilen“ lässt sich das Schlammgeschoss auf Mitspieler umlenken. Mit der Sonderkarte 13 können immerhin 13 Schlammpunkte absorbiert werden.
Wenn ein Spieler nicht sofort perfekten Matsch ausspielt, also zum Beispiel nur Wasser 5 und Sand 2 legt, kann durch Zwischenwurf der Karte Sand 3 ein beliebiger anderer Spieler den Matschklumpen umlenken. Alle Karten, die nicht abgewehrt werden, sammeln die Spieler in ihrem persönlichen „Schlammpool“ vor sich. Ist der Kartenstapel aufgebraucht und kann kein Schlamm mehr gebildet werden, wird abgerechnet. Alle Punkte werden addiert, nur wer ausschließlich Wasser- oder Sandkarten gesammelt hat, darf seine Punkte halbieren. Das gilt zusätzlich noch für Schnapszahlenergebnisse.
Hermans freiwillige „Schlammselbstkontrolle“ gibt die Kartenschlammschlacht für Kinder ab sechs Jahren frei. MATSCHIG ist ein simples, aber amüsantes Hin und Her mit etwas Rechenarbeit für die Kids.
Wieland Herold
Titel: MATSCHIG
Autor: Valentin Herman
Grafik: Alice Schuh
Verlag: Fanfor Verlag, U2,1a, 68161 Mannheim
Spieler: 3- 5
Dauer: ca. 40 Minuten
Preis : 15.-
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 6 von 10 Sternen,
das entspricht: Nächste Woche wieder
Spiel 9/1999 R 64/2020
Zum Autor:
Gut zehn Jahre unterhielt Valentin Herman seine Fan-Gemeinde mit seichten, teilweise abgedrehten Karten- und komplexen Wirtschaftsspielen und war von 1990 bis 2002 mit seinem FanFor-Verlag regelmäßiger Gast auf der Spiel in Essen.
Er startete 1990 mit NACHT DER DIEBE, bekannt war auch seine jährliche ABI-Reihe, die er 1994 startete. Mit X-PASCH konnte er 1996 immerhin den 8. Platz des À la carte-Preises der Fairplay erreichen.
Auf dem Bild ist Herman mit BRAUEREI, einem seiner großen Spiele, 1996 in Essen zu sehen.
MATSCHIG ist Hermans einziges Spiel, das ein anderer Verlag übernahm. 2012 veröffentlichte es Amigo noch einmal. Elemente des erfolgreichen DRECKSAU-Spiels von Frank Bebenroth nimmt MATSCHIG vorweg, schafft aber nicht dessen Reduzierung aufs Notwendigste.
Samstag, 20. Juni 2020
KAYANAK
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kinderspiel des Jahres: KAYANAK
Zum Spielehaushalt fast jeder Familie gehört ein Angelspiel. Bei Neuanschaffungen sollte jeder jetzt ernsthaft überlegen, ob er nicht zu der Eisangel-Variante der Firma Haba greift, die in diesem Jahr für ihr Spiel KAYANAK mit dem Sonderpreis der Jury „Spiel des Jahres“ für das beste Kinderspiel ausgezeichnet wurde.
Dem Spieleautor Peter-Paul Joopen ist eine beeindruckende, innovative Umsetzung des klassischen Spielethemas gelungen. Weg von unseren Seen und Flüssen, verlegt er das Angelabenteuer in die Arktis, in der zwei bis vier Inuit auf Fischjagd gehen. Das ist nicht mehr so einfach, wie innerhalb der vier Pappseiten alter Angelspiele, bei denen man so gut über die Pappwand linsen konnte, um nicht den Stiefel zu angeln. Dicke Eisschichten stehen dem Angelvergnügen entgegen, diese müssen erst aufgehackt werden, bevor der Angelhaken ins Wasser kommt.
Joopen lässt dieses Erlebnis spielerisch zu. Geangelt wird in der Spielschachtel, in der zunächst 90 kleine und große Stahlkugeln – die Fische – verteilt werden. Darüber kommt ein Rahmen, ein weißes Blatt Papier und eine gelochte „Eisplatte“. Zwei Würfel ergeben unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten. Wird die Spitzhacke gewürfelt, kommt das spitze Griffende der Angel zum Einsatz und die Eisdecke darf durchstoßen werden. Lassen Sie die Mitspieler bei den ersten Hackversuchen ins Eis einmal die Augen schließen. Mit etwas Phantasie hört man das platzende Papier wie splitterndes Eis – Spielvergnügen pur! Bei einem gewürfelten Fisch dürfen die Angler ihr Glück mit der Magnetangel in den Eislöchern versuchen. Dazu erlauben die Würfel noch weitere Sonderaktionen, so das Bewegen der Inuit-Holzfiguren auf dem Eis, das Antauen von Eisschollen, die nicht mehr betreten werden dürfen, zusätzlich noch das Zufrieren von bereits aufgehackten Löchern.
Gute Kinderspiele, die sowohl Erwachsenen als auch den Kleinen Freude bereiten, sind rar. Mit KAYANAK bietet der Verlag Haba ein Spielerlebnis an, das auch erwachsene Spieler fasziniert. Das Haba-Spielmaterial trägt ganz wesentlich mit zum Spielvergnügen bei. Spiele sind nicht nur Kulturgut, Zeichen ihrer Zeit, sie vermitteln uns im Idealfall Kenntnisse über andere Kulturen. So ganz nebenbei erfahren die Spieler, dass die Bewohner der Arktis „Menschen“ (Inuit) sind und nicht „Rohfleischfresser“ (Eskimos).
Wieland Herold
Titel: KAYANAK
Verlag: Haba
Autor: Peter-Paul Joopen
Grafik: Anja Dreier-Brückner
Spieler: 2-4
Alter: ab 6 Jahren
Dauer: 20 Minuten
Preis: ca. 49.- DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 8/1999 R 64/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Mit fast jedem Spiel, das der 1958 in Düren geborene Peter-Paul Joopen veröffentlicht hat, landete er auf Auszeichnungslisten. KAYANAK war erst sein zweites Spiel, dessen Erfolg der Autor spielerisch so beschreibt. „Da die Spiele also mein Leben bestimmten, versuchte ich etwa zu dieser Zeit »Ein solches Ding« auch einmal selber zu entwickeln. Zuerst führte diese Entscheidung nur »Durch die Wüste«. Da jedoch bekanntlich auch mal ein »Blindes Huhn« ein Korn findet, endete diese Wüste doch noch im »Tal der Könige«.“
Gleich mit dem nächsten Spiel, MASKENBALL DER KÄFER, landete er 2001 erneut in seinem TAL DER KÖNIGE. Seine Erfolgsquote hielt an. Bis heute hat er gerade einmal sechs Spiele veröffentlicht. Die Hälfte davon hat hohe Auszeichnungen gewonnen, zuletzt KAKERLAKAK, das 2013 den Deutschen Kinderspielpreis gewann, den österreichischen Preis „Spiel der Spiele“ und den Toy Innovation Award in Nürnberg.
KAYANAK gewann 1999 ebenfalls den Deutschen Kinderspiele Preis in Essen, das Foto zeigt Joopen auf der Preisverleihung neben den Granden Knizia, Kramer, Kiesling und Alan Moon.
2013 spendierte Haba dem Spiel eine Neuauflage, die Oliver Freudenreich etwas farbenfroher gestaltete.
Freitag, 19. Juni 2020
CRIME STORY: VIENNA
Neben dem Kosmos-Verlag und Asmodee ist Noris am längsten aktiv mit Escape-Fällen und Krimirätseln. ESCAPE ROOM – DAS SPIEL ist mit über 20 Folgeprodukten seit 2016 erfolgreich. Aktuell erweitert Noris dieses Spektrum durch die Reihe CRIME STORY, die in Wien startet, und Kartenspiel-Abenteuer in Form von Pocket-Rätseln wie DAS GEHEIMNISVOLLE LABYRINTH.
Für die CRIME STROY-Serie konnten die Fürther mit Peter Prinz einen österreichischen Autor aktivieren, der bisher nur durch das erfolgreiche JENSEITS VON THEBEN aufgefallen war, das 2004 im Eigenverlag Prinz Spiele herauskam und das dann 2007 Queen Games immerhin zu Nominierungswürden für das „Spiel des Jahres“ führte.
Die Regelungen des Erbes des Wiener Millionärs Karl Valten machen Probleme. Nachdem seine Erben sich zur Testamentsvollstreckung trafen, wurde sein Tresor im Arbeitszimmer geknackt und leergeräumt.
Was ist geschehen? Das muss die Ermittlergruppe in überschaubarer Zeit lösen. Das Spiel setzt dabei einen engen Rahmen von 08.30 Uhr bis 17.00 Uhr, wobei pfiffiger Weise die aufgeklappte Spielregel zum Spielplan wird, indem sie einen Überblick über die fünfzehnminütigen Ermittlungsphasen gibt, die eine Holzfigur bilanziert. Das ist geschickt geregelt, da auf der anderen Seite die Familienangehörigen, Angestellte und Freunde nebst dem Testamentsvollstrecker, der ganze Kreis der Verdächtigen, für alle im Blick sind.
Das Spiel läuft kartengesteuert ab. Er lässt Spuren verfolgen, Zeugen befragen, wobei alles Zeit kostet. Was die Ermittler tun, bleibt ihnen überlassen, wobei sie beachten müssen, dass manche Untersuchungen und Befragungen nur zu bestimmten Zeitphasen stattfinden dürfen. Für 17.00 Uhr ist die Pressekonferenz der Wiener Polizei angesetzt und die Ermittler müssen die wichtigsten Fragen dafür beantworten.
56 Karten sind im Spiel, die meisten Aktionen kosten 15 oder 30 Minuten Ermittlungszeit. Sogar in der kürzesten Taktung wird man nicht alle Spuren verfolgen können, wobei Einstimmung und Lösung sechs Karten verbrauchen. Gut geregelt ist, dass teilweise mehrere Stränge verfolgt werden können, die bei größeren Gruppen zu vielschichtigen Aufgaben führen. Die sich entwickelnde Geschichte und die Lösungsfragen ähneln den SHERLOCK-Fällen von Abacus, wobei CRIME STORY die Leitung der Ermittler unbewertet lässt. Das mag man bedauern, dafür liefern drei Lösungskarten genügend Antworten auf alle Fragen, die sich auch auf nicht so einfach zu beantwortende scheinbare Nebensächlichkeiten beziehen.
Die Lösung des Falls erfolgt klassisch deduktiv, indem entscheidenden Spuren nachgegangen wird und alle dann in die Falldiskussion eintreten. Rätsel, wie in den EXIT-Fällen, gibt es in diesem Sinne nicht. Peter Prinz liefert die Basis für gut erzählte Kriminalarbeit mit Spuren und interpretierbaren Zeugenbefragungen. Der erste Fall in Wien ist leichte kriminalistische Kost mit einem überschaubaren Fall, einer guten Zeitregulierung und erzählerischen Stärken, die Wiener Lokalkolorit ins Spiel bringen. Ob das dem österreichischen Autor auch so gut in Berlin und München gelingt, wird man sehen.
Wertung: Gerne morgen wieder in München oder Berlin
Titel: CRIME STORY: VIENNA
Autor: Peter Prinz
Grafik/Design: Andrea Hofbeck
Verlag: Noris
Alter: ab 12 Jahren
Spielerzahl: 1 – 6
Spielzeit: ca. 60 -90 Minuten
Preis: ca. 13 Euro
Spiel 45/2020
Donnerstag, 18. Juni 2020
KAHUNA
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Das eindrucksvolle Cover des Spiels symbolisiert ein verstecktes: Halt! Stehenbleiben! Der Abdruck einer Hand taucht aus dem Blau des Meeres auf, aus einzelnen Insel-Atollen zusammengesetzt. Folgen Sie der Aufforderung, bleiben Sie stehen und genießen Sie KAHUNA, das taktische Schmankerl für zwei Personen von Günter Cornett.
Sein Spiel entführt in eine Inselwelt mit zwölf kleinen Inseln, zwischen denen Brückenverbindungen im Laufe des Spiels hergestellt werden. Gesteuert wird der Brückenbau durch 24 Inselkärtchen, je zwei für jede Insel, von denen jeder zu Spielbeginn drei Karten besitzt.
Der Spielablauf ist einfach. Ausgehend von der Insel, deren Karte man auslegt, erfolgt der Brückenschlag mit kleinen Holzstäben der eigenen Farbe zu einer der Nachbarinseln. Spielziel ist es, die Vorherrschaft über viele der Inseln zu erringen. Wer die Mehrheit der Brücken besitzt, die zu einer Insel führen, übt die Kontrolle aus. Er markiert dieses Eiland mit seinem KAHUNA-Stein und entfernt alle gegnerischen Brücken.
Sobald die Spielkarten aufgebraucht sind, endet eine Spielrunde und es folgt eine erste Wertung. Wer am Ende der ersten Phase und der noch folgenden zwei weiteren Phasen mehr Inseln als der Gegenspieler beherrscht, bekommt Punkte für die Endabrechnung gutgeschrieben.
Die einfache Spielregel ist Ausgangsbasis für ein äußerst vielschichtiges und spannendes Spiel, das der Kosmos-Verlag in einer sehr schönen Bearbeitung der Ursprungsfassung ARABANA IKIBITI (Bambus-Spieleverlag) nun einem breiten Zielpublikum zugänglich macht.
Heo
Titel: KAHUNA
Verlag: Kosmos
Autor: Günter Cornett
Grafik: Claus Stephan
Spielerzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 7/1999 R 63/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Der 1960 in Flensburg geborene Günter Cornett lebt schon seit fast 40 Jahren in Berlin. Als Spieleautor fiel er erstmalig 1992 durch eine Platzierung seiner Idee AUTOSCOOTER unter den besten zehn Spielen beim Hippodice Wettbewerb auf. Ein Spiel, das er 1999 selbst herausgab. Dafür hatte er schon 1995 den Bambus-Spieleverlag gegründet, mit dem er mit dem hier schon vorgestellten FLASCHENTEUFEL startete. 1995 erschien zusätzlich mit CANALETTO (Hans im Glück) sein erstes Spiel in einem Fremdverlag.
Der Vorläufer von KAHUNA erschien 1997 als ARABANA IKIBITI im Eigenverlag. Das Bild Cornetts stammt aus dieser Zeit von der Spielvorstellung in Essen. 2002 erschien beim Bambus-Verlag ein ähnliches Spiel für 2 bis 4 Spieler als KANALAO. Dieses Spiel wurde für den Gamers Choice Award 2002 nominiert. Schon 2001 erschien in Cornetts Verlag eine Mehrspielervariante als ARABANA-OPODOPO, die Tilsit 2003 unter dem Titel KANALOA veröffentlichte.
KAHUNA war neben dem 2005 erschienenen PACKEIS AM POL Cornetts erfolgreichstes Spiel. Er landete damit auf der Auswahlliste der Jury „Spiel des Jahres“ und erreichte den 6. Platz beim À la Carte-Kartenspielpreis der Fairplay. In Frankreich gewann er 2000 mit dem Spiel den As d’Or.
Mittwoch, 17. Juni 2020
HEISSE ÖFEN
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Auf der Rennpiste: HEISSE ÖFEN
TEMPO KLEINE SCHNECKE hieß das erste erfolgreiche Kinderspiel des Nestors der Spieleautoren, Alex Randolph. Ein einfaches Farbwürfelspiel für Kinder ab drei Jahren, das die Firma Ravensburger seit gut zwanzig Jahren auf dem Markt hält. 1999 hat der in Venedig lebende amerikanische Autor dieses Spielprinzip auf ein Motorradrennen für die Kleinen übertragen. Die großen Spielfiguren hat er selbst entworfen. Handschmeichler mit hohem Aufforderungscharakter für zwei bis vier Kinder ab vier Jahren. Aus acht Rennstrecken-Streifen kann die Rennpiste immer wieder neu zu einem ovalen Kurs zusammengesetzt werden, vielfältige Kombinationsmöglichkeiten für die farbigen Randfelder ergeben sich dadurch. Ein kariertes Feld kennzeichnet den Startbereich.
Das Spielprinzip ist simpel. Gewürfelt wird mit einem Farbwürfel. Die Spieler ziehen zum nächsten freien Feld der gewürfelten Farbe vor. Wer das Risiko liebt, darf ein zweites Mal würfeln. Wenn dabei ein Spieler noch einmal die gleiche Farbe würfelt, muss er zurück zum Start. Beim Passieren des Startfeldes, kassieren die Kinder einen Goldtaler. Spielsieger ist derjenige, der als erster fünf Goldtaler einsammelt.
HEISSE ÖFEN ist nichts genial Neues, aber eine wunderschön umgesetzte alte Spielidee, die den Hockenheimring ins Kinderzimmer holt. Dem kleinen Verlag Drei Magier Spiele ist die Herausgabe dieses, angesichts des tollen Spielmaterials, preiswerten Spielevergnügens zu verdanken.
Heo
Titel: Heiße Öfen
Verlag: Drei Magier Spiele, Mühlenstr. 10, 91486 Uehlfeld, Telf. 09163/9990
Autor: Alex Randolph
Grafik: Johann Rüttinger
Spieler: 2-4
Alter: ab 4 Jahren
Dauer: ca. 15 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/1999 R 62/2020
Zum Autor:
Alex Randolph war der Kosmopolit unter den Spieleautoren. 1922 in Böhmen geboren. Seine Mutter stammte aus Colorado, sein Vater war Russe. Schon als Kind lebte er mehrere Jahre in Venedig, bevor er als Zehnjähriger in ein Schweizer Internat geschickt wurde. Ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg ging die Familie zurück in die USA. Während des Krieges arbeitete er am Entschlüsseln feindlicher Codes.
Nach dem Krieg lebte er als Werbetexter und Romancier in Boston, bevor er 1961 mit Pentomino-Steinen sein erstes Spiel veröffentlichte. Randolph siedelte dann nach Wien um, spielte dort im Café Hawelka TWIXT mit Herbert Feuerstein, das bald als 3M-Spiel in einer edlen Buchschuberausgabe erschien und ihm einen mehrjährigen Aufenthalt in Japan finanzierte. Mitte der 70er Jahre fand der Spieleautor nach Venedig zurück, wo er 2004 starb.
Anfangs entwickelte er, inspiriert durch die Japanreise, hauptsächlich taktische Spiele für zwei, wie EVADE, BUFFALO und GEISTER. In den 80er Jahren erfand er erfolgreich viele Familienspiele wie SAGALAND, „Spiel des Jahres“ 1981, das er zusammen mit seinem engen Freund Michael Matschoss entwickelte, der sich inzwischen um sein spielerisches Erbe kümmert. Es blieb zwar sein einziges „Spiel des Jahres“, für GUTE FREUNDE (1989) gewann er den ersten Sonderpreis „Kinderspiel“, was er mit LEINEN LOS! 1997 noch einmal wiederholte. INKOGNITO (1988) und VENICE CONNECTION (1996) bescherten ihm den Sonderpreis „Schönes Spiel“.
In den 90er Jahren arbeitete Randolph eng mit Johann Rüttinger zusammen, der auch HEISSE ÖFEN in sein Programm nahm. Posthum veröffentlichten Rüttinger und Kathi Kappler 2012 das lesenswerte Buch Randolphs „Die Sonnenseite. Fragmente aus dem Leben eines Spieleerfinders“.
In seinem 68. Lebensjahr wird der Philosoph unter den Spieleautoren mit dem Göttinger SPATZ ausgezeichnet, außerdem erhält er 1992 einen Sonderpreis für sein Lebenswerk beim Deutschen Spielepreis. Randolph gilt neben Sid Sackson als einer der ersten Spieleautoren, der seine Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. Er hat schon in den 70er Jahren dafür gesorgt, dass Autorennamen auf den Schachteln auftauchten.
Das Bild zeigt Randolph bei der Preisverleihung 1990 in Göttingen, mit dem Veranstalterehepaar Wittig, dem Laudator Erwin Glonnegger und der damaligen Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth, die den Preis überreichte.
Dienstag, 16. Juni 2020
DIE MAUER
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Fackler zum Aldipreis: DIE MAUER
Nicht der zehnjährige Jahrestag des Mauerfalls ist Thema des Spiels DIE MAUER aus dem Zoch-Verlag, sondern – ganz simpel – der Bau einer mittelalterlichen Stadtmauer. Der Autor, Thomas Fackler, ist für hochwertige und teure Spiele bekannt, die preislich in Regionen jenseits der 1000.- DM angesiedelt sind. DIE MAUER ist das erste Spiel, das er bei einem anderen Verlag veröffentlicht hat und das entsprechend preiswert erworben werden kann, ein echter Fackler zum Aldipreis sozusagen.
Auf Metallmauern, Stadttore und Türme müssen die Käufer allerdings verzichten, sie erhalten aber alle Bauteile aus Holz, und das in üblicher Zoch-Qualität.
Drei bis sechs Spieler bauen gemeinsam an einer Stadtmauer. Jeder erhält dazu sieben verschiedene Bauteile, fünf dieser Teile sind Mauerstücke in unterschiedlichen Längen. Außerdem gibt es für jeden noch zwei Sonderbauten: einen Turm und ein Stadttor. Ziel des Spieles ist es, seine Steine so schnell wie möglich an die Mauer anzubauen.
Die Bauregeln machen DIE MAUER besonders, so dürfen zwei Sonderbauten wie Turm und Stadttor nicht direkt nebeneinanderstehen. Im Knobelverfahren wird entschieden, wer bauen darf. Meist schon nach zehn Minuten ist der erste Spieler seine Steine los, genügend Zeit für Folgerunden.
Das hervorragende Holzmaterial, der Knobelreiz und zügige Spielverlauf machen DIE MAUER zu einem Appetitanreger am Beginn eines Spielabends.
Heo
Titel: Die Mauer
Autor: Thomas Fackler
Verlag: Zoch
Spieler: 3 bis 6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: eine Runde ca. 10 Minuten
Preis: ca. 49.-
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 5/1999 R 61/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Thomas Fackler ist 1991 durch DIE ABTEI DER WANDERNDEN BÜCHER bekannt geworden. Die individuelle Gestaltung mit hochwertigen Materialien machten jedes Spiel zum Unikat, mit dem er damals an der Preisobergrenze von 1000 DM kratzte. Ein Schnäppchenpreis wie sich bald herausstellte, denn die OPER DER SCHWARZEN SPIEGEL konnte er 1993 locker für das Dreifache verkaufen. Augenblicklich liegt der Verkaufspreis seines ersten Spiels bei 3800 Euro. Wer eines der ersten Spiele für 820 DM erworben hat, dessen Einsatz hat sich fast verzehnfacht.
DIE MAUER kostete in der Metall-Fassung Facklers für drei Spieler rund 300 DM, die für sechs damit fast 600 DM und damit das Zwölffache des Preises, den Zoch 1999 verlangte.
Fackler, der 1998 mit dem „Inno-Spatz“ der Stadt Göttingen ausgezeichnet wurde, arbeitete danach ein knappes Jahrzehnt als Spieleredakteur für Prestel. 2001 bekam er für TROIA – DAS SPIEL den Sonderpreis „Geschichte im Spiel“, den die Jury „Spiel des Jahres“ damals vergab. DIE MAUER wurde ebenfalls 2001 für den Deutschen Designpreis Holzspielzeug nominiert.
Aktuell arbeitet der 58järige Fackler als freier Künstler in Aystetten. Zu Beginn des Jahres wurde er mit dem Kunstpreis der Stadt Donauwörth ausgezeichnet.
Das Bild zeigt Thomas Fackler 1992 in Göttingen mit einem der ersten Exemplare der ABTEI.
Montag, 15. Juni 2020
ROSENKÖNIG
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Neue Spiele für zwei bei Kosmos
Die hervorragende Reihe der Zweipersonenspiele (CÄSAR UND CLEOPATRA, KAHUNA, SIEDLER KARTENSPIEL) hat der Kosmos Spieleverlag durch interessante Herbstneuheiten ergänzt. Die üblichen kartengesteuerten taktischen Spiele ergänzt vor allem der ROSENKÖNIG von Dirk Henn.
Im Kampf um die englische Königskrone befinden sich die Kontrahenten, die die Gebietsaufteilung Englands unter sich ausmachen. Der Spielplan zeigt das alte England im 15. Jahrhundert, das in einem Raster von 9 x 9 Feldern aufgeteilt ist. Im Zentrum liegt der Startpunkt eines Kronensteines, der mit Hilfe von Spielkarten bewegt wird, die angeben, in welche Richtung die Krone gezogen wird und wie weit sie versetzt werden muss. Auf dem Zielfeld legt der Spieler, der den Zug durchgeführt hat, einen Rosenstein ab.
So erobern die Spieler abwechselnd möglichst viele zusammenhängende Felder. Einmal besetzte Gebiete sind allerdings nicht sicher. Dreimal dürfen Heldenkarten eingesetzt werden, mit denen man einen Rosenstein des Gegners umdrehen kann, der dann die eigene Rose zeigt. Die Zugmöglichkeiten werden im Laufe des Spieles immer mehr eingeschränkt, so dass das Spiel endet, sobald beide Spieler keinen Zug mehr ausführen können oder wenn sie ihren letzten Rosenstein auf dem Spielplan eingesetzt haben. Große Gebiete bringen in der Endabrechnung mehr Punkte, da die Größe des Gebietes mit sich selbst multipliziert die anrechenbaren Punkte ergibt. Zwei 4er-Regionen ergeben damit nur 32 Punkte gegenüber einem 8er-Gebiet, das 64 Punkte zählt.
Das Spiel ROSENKÖNIG überzeugt durch einfache, schnell zugängliche Regeln, ausgezeichnetes Spielmaterial und einen spannenden Spielablauf. Mit den Heldenkarten, die, passend eingesetzt, die entscheidende Wende bringen können, hat es etwas von dem Klassiker REVERSI.
Wieland Herold
Titel: Rosenkönig
Autor: Dirk Henn
Grafik: Claus Stephan
Verlag: Kosmos
Spieler: 2
Alter: ab 10 Jahre
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 25.- DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 5/1999 R 61/2020
Zum Spiel und zum Autor:
ROSENKÖNIG ist eines der wenigen Spiele, die Dirk Henn außer in seinem Eigenverlag db-Spiele nicht bei Queen Games herausgebracht hat. Die Idee ist ursprünglich unter dem Titel TEXAS 1997 bei db erschienen, für Kosmos ergänzte Henns Idee ideal die Zweipersonen-Reihe. 2010 spendierte KOSMOS dem Rosenkönig noch eine edle Metall-Ausgabe.
Donnerstag, 11. Juni 2020
DREI CHINESEN MIT DEM KONTRABASS
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Dra Chanasan mat dam ...
Die Konfrontation der kontrabassspielenden drei Chinesen mit der Polizei gehört inzwischen zum Volksgut. Das Spielerische des Liedes regte den Spieleautor Herbert Biella an, den Vokalwechsel für ein Ratespiel zu verwenden.
Drei bis sieben Spieler können sich an dem Zungenverdrehspaß DREI CHINESEN MIT DEM KONTRABASS ergötzen, der zu den Ravensburger Spieleneuheiten gehört. 660 Wortkombinationen warten auf ihre Verballhornung. Reihum verdrehen die Spieler ihre Kartenbegriffe mit Hilfe eines Vokalwürfels und lassen ihre Mitspieler raten. Wer als erster die Lösung für „Kassachta Lappanstafta“ weiß, darf einen Vokalstein auf das „a“-Feld eines der sieben Papp-Kontrabässe legen. Wer mit seinem Tipp daneben liegt, wandert für eine Runde in den „Kontraknast“. Aus dieser misslichen Situation wird er erst bei der nächsten richtigen Lösung befreit.
Die DREI CHINESEN... sind nicht nur ein lustiger Ratespaß, das Ablegen der Vokalsteine bringt sogar etwas Taktik ins Spiel. Die Ratenden versuchen durch das Platzieren ihrer Steine auf den Kontrabässen eine Dreier-Kette zu erreichen. Zwei zusammenhängende Steine zum Beispiel auf dem „i“ und „o“ sind gute Voraussetzungen für den späteren Sieg, wobei die Mitspieler in einer solchen Situation versuchen, das „e“ und das „u“ mit eigenen Steinen abzudecken.
Wer Spaß am Wortspiel hat, findet hier ein „fitzigis Gissillschiftsspiil“, das vor allem in voller Besetzung mit sechs und sieben Spielern gut abgeht. Wenn man sich dann noch an die Profivariante macht, in der jedes „r“ durch ein „l“ ersetzt wird, dann gibt es sogar fast „anlasbara Latsal“.
Heo
Titel: DREI CHINESEN MIT DEM KONTRABASS
Autor: Herbert Biella
Grafik: Ulf Marckwort
Verlag: Ravensburger
Spieler: 3-7
Alter: 8 Jahre
Spieldauer: 15 bis 30 Minuten
Preis: ca. 39 DM
Die Rezension erschien 1999 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 4/1999 R 60/2020
Zum Spiel und zum Autor:
Herbert Biella gehörte zu den Stipendiaten, die den Nachwuchsautorenpreis der Jury „Spiel des Jahres“ erhalten haben. Er war 1997 der erste Preisträger unter der Ägide der Jury nach Jens-Peter Schliemann, der 1995 den Preis noch vom Merz-Verlag überreicht bekam.
Sein Spiel mit den DREI CHINESEN MIT DEM KONTRABASS ist ein Ergebnis des Praktikums des Stipendiaten aus der Zeit bei Ravensburger. Das Foto stammt aus dem Veröffentlichungsjahr des Spiels vom Autorentreffen in Göttingen.
Biella war hauptsächlich freischaffender Künstler mit Ausstellungen im In- und Ausland. Er hat nur noch ein zweites Spiel veröffentlicht, wobei die JUWELENJAGD (Haba) 2011 immerhin den Deutschen Lernspielpreis erhielt.
Viel zu früh verstarb Herbert Biella 2013. Einen eindrucksvollen Film über sein Engagement
für Jugendliche und seine Sicht aufs Leben zeigen die Lebenswerker als Erinnerung an ihn: https://www.youtube.com/watch?v=guOwqltDfE4
Dienstag, 9. Juni 2020
DER HERR DER RINGE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Frodo & Co. - DER HERR DER RINGE
Spielerische Umsetzungen von Büchern und Filmen fristen meist nur ein kurzes Leben hinter der Spieltheke. Die Film- und Buchadaptionen können ihren Vorlagen oft nicht das Wasser reichen, meist sind es nur lieblose Würfelorgien, bei denen die geliebten Akteure als Pappfiguren über den Spielplan laufen. Nichts anderes erwartet man, wenn man von dem Abenteuer des Kosmos-Verlages hört, die Tolkien-Trilogie DER HERR DER RINGE als Spielabenteuer herauszubringen.
Immerhin hat der CATAN-Verlag mit Reiner Knizia einen der angesehensten deutschen Autoren bewegen können, den abwechslungsreichen Buchinhalt zum Spiel zu machen. Immerhin ist es gelungen, den bekanntesten Tolkien-Illustrator John Howe für dieses Projekt zu gewinnen, so dass die üblichen Erwartungen zum Glück enttäuscht werden.
Das Buchthema des ewigen Kampfes der dunklen Mächte gegen das Gute in der Welt ist natürlich das Thema des Spiels. Die Spieler verkörpern das Gute, sie schlüpfen in die Rollen der Hobbits. Frodo & Co. stellen sich dem Kampf gegen Sauron, der mit Hilfe seines Ringes die Herrschaft über Mittelerde und das Auenland übernehmen will. Alle, für die diese Welten kein Buch mit sieben Siegeln bedeutet, werden angetan sein von der Authentizität, die ihnen Knizias Spiel bietet. Alle, die sich nur auf ein Spielabenteuer im Fantasybereich einlassen wollen, werden überrascht über die Friedfertigkeit des Spielablaufs sein. Nur durch gute Teamarbeit bewältigen die zwei bis fünf Hobbits ihre Abenteuer, startend in Beutelsend über Bruchtal, Moria bis zum Schicksalsberg Mordor. Aneinandergelegt bieten die vier Abenteuerspielpläne 300 cm optisches und spielerisches Vergnügen.
Ob die Hobbits bis zum letzten Abenteuer in Mordor vordringen, bei dem letztlich der Ring zerstört werden muss, hängt weitgehend vom guten Zusammenspiel der Spieler ab. Allein kommt keiner durch, nur durch sinnvolle Kooperation, nur durch optimierte Nutzung aller persönlichen Eigenschaften und Ausstattungen, können die Spieler das Spiel gegen Sauron gewinnen.
Die Gattung der kooperativen Spiele schien ausgestorben, Reiner Knizia hat sie mit DER HERR DER RINGE auf erfrischende Weise neu belebt. Wer nicht das Gegeneinander im Spiel sucht, findet in diesem Spiel ein anspruchsvolles und optisch wunderschön umgesetztes Fantasy-Abenteuer, das sehr nah an Tolkiens Welt bleibt.
Wenn 2001 der neue dreiteilige Film in die Kinos kommt, das Buch in verbesserter Übersetzung vorliegt, ist das Feld spielerisch schon auf hohem Niveau vorbereitet.
Wieland Herold
Titel: DER HERR DER RINGE
Autor: Reiner Knizia
Grafik: John Howe
Verlag: Kosmos
Alter: ab 12
Spieler: 2 - 5
Spieldauer: 60 - 90 Min.
Preis: ca. 60,-
Die Rezension erschien 2000 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/2000 R 58/2020
Zum Spiel und Autor:
Reiner Knizia, der weltweit produktivste Spieleautor, der auf inzwischen über 700 Spieleveröffentlichungen stolz sein kann, hatte bis 2001 schon einige Auszeichnungen gewonnen, darunter 1993 für MODERN ART und 1998 für EUPHRAT & TIGRIS.
Die besondere Leistung für die spielerische Adaption von DER HERR DER RINGE zeichnete die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem Sonderpreis „Literatur im Spiel“ 2001 aus.
2008 erhielt er für KELTIS erstmals den Titel „Spiel des Jahres“ und das gleichzeitig im Doppelpack, da WER WAR’S den blauen Pöppel bekam.
Das Bild stammt aus dem Auszeichnungsjahr vom HERRn DER RINGE und wurde im Februar 2001 am SAZ-Abend in Nürnberg aufgenommen. Die Hut-Partnerin Knizias ist Marieke Hoeber, Redakteurin bei Jumbo.
Montag, 8. Juni 2020
CARCASSONNE
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Nominiert für das Spiel des Jahres 2001: CARCASSONNE
Familienspiel par excellence: CARCASSONNE
Der Bürgermeister der südfranzösischen Stadt Carcassonne wird sich im Nachhinein ärgern, ein Angebot des Hans im Glück-Verlages ausgeschlagen zu haben, das neue Legespiel CARCASSONNE mit Fremdenverkehrswerbung für die eigene Stadt zu verbinden. Nur wenige Monate auf dem Markt, erweist sich das preiswerte Spieleangebot des kleinen Münchner Verlages als der Geheimtipp für große Spielepreise in diesem Jahr.
Was macht die Faszination dieses Spiels des Autorenneulings Klaus Jürgen Wrede aus?
Der Autor entführt zwei bis fünf Spieler in mittelalterliches Ambiente. Aus 72 quadratischen Landschaftskarten entwickelt sich auf dem Spieltisch ein eindrucksvoller Blick aus der Vogelperspektive auf eine Landschaft mit befestigten Städten, Handelswegen, Klöstern und landwirtschaftlich nutzbaren Gebieten rund um Carcassonne. Jeder Spieler besitzt sieben Gefolgsleute, die er in unterschiedlicher Funktion auf den Landschaftskarten zum Einsatz bringen kann. Da gibt es Ritter, die sich in den Städten aufhalten, Straßenräuber auf den Handelswegen, Mönche in den Klöstern und Bauern, die zur Versorgung der Städte dringend erforderlich sind.
Die Begeisterung, die viele für dieses Spiel empfinden, beruht natürlich nicht nur auf der stimmigen optischen Gestaltung, die der Grafikerin Doris Matthäus zu verdanken ist. Wir haben mit CARCASSONNE endlich wieder einmal ein Spiel vorliegen, das mit wenigen Sätzen erklärt ist, das dann aber im Spielverlauf eine erstaunliche Tiefe entwickelt. Einfacher geht’s wirklich nicht. Karte aufnehmen, Karte passend anlegen, Straße an Straße, Stadt an Stadt, und die Entscheidung treffen, ob ein Gefolgsmann zum Einsatz gebracht wird. Sind durch das Anlegen fertige Handelswege, Städte oder Klöster entstanden, erfolgt eine Punktwertung, die sich meist an der Anzahl der ausgelegten Karten orientiert. Eingesetzte Gefolgsleute gibt es dann sofort zurück, so dass in der nächsten Runde aus einem ehemaligen Wegelagerer ein ehrenwerter Mönch werden kann. Die Wertung wird sofort auf einer Punktetafel angezeigt. Gespielt wird, bis alle Karten gelegt sind, Nach einer abschließenden Wertung, in der besonders die Bauern wichtig werden, gewinnt der Spieler mit den meisten Punkten.
Der Glücksanteil scheint hoch, das Spiel bietet aber durch die vielfältigen Anlegemöglichkeiten genügend Raum für taktische Planungen. Insbesondere die Beschränkung auf sieben Gefolgsleute wirft stets die entscheidende Frage auf: Setze ich eine Figur ein oder warte ich bis zum nächsten Zug. CARCASSONNE ist vorzüglich zu zweit spielbar, das Spielerlebnis in der größten Runde mit fünf Spielern ist aber auch nicht zu verachten. Mit CARCASSONNE liegt endlich wieder einmal ein Familienspiel vor, das diesen Namen auch verdient.
Wieland Herold
Titel: Carcassonne
Autor: Klaus-Jürgen Wrede
Grafik: Doris Matthäus
Verlag: Hans im Glück
Spieler: 2-5
Alter: 10 Jahre
Spieldauer: 30 Minuten
Preis: ca. 29.- DM
Die Rezension erschien 2001 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 7/2001 R 57/2020
Zum Spiel und zum Autor:
2001 waren DAS AMULETT und ZAPP ZERAPP neben CARCASSONNE nominiert.
Besser geht’s nicht, das erste Spiel und dann gleich die ganz großen Preise vom „Spiel des Jahres“ über den Deutschen Spielepreis bis zum österreichischen Spiel der Spiele.
Der kreative Musik- und Religionslehrer Klaus-Jürgen Wrede, der bis 2009 in Köln mit Schülern arbeitete, hätte auch Musiker werden können. Als Jugendlicher war er Preisträger des Wettbewerbs „Jugend komponiert“. Sogar als Buchautor besteht er, wobei seine Recherchen zum Geheimnis des Genter Altars Impulsgeber für CARCASSONNE waren. 1999 war er in Südfrankreich, um sich mit der Geschichte der Katharer zu befassen. Während dieser Studien entstanden Grundelemente des erfolgreichen Spiels.
Wrede, der inzwischen professioneller Spieleautor ist, pflegt die CARCASSONNE-Familie mit einer nicht mehr überschaubaren Anzahl von kleinen Erweiterungen und mit an die Grundidee angelegten großen Spielen, mit denen er die Welt bereist. Kleinere Erfolge hatte er daneben noch mit Spielen wie MESOPOTAMIEN und RAPA NUI.
Sonntag, 7. Juni 2020
ZAPP ZERAPP
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Nominiert für das Spiel des Jahres 2001: ZAPP ZERAPP
Der Klassiker im neuen Gewand
Lassen Sie sich nicht durch die düster blickende Zauberin auf dem Spielecover irritieren, bei ZAPP ZERAPP handelt es sich nicht um ein Fantasy-Spiel, sondern um eine geniale Variante eines Spieleklassikers, den Sie alle gut kennen. Was so magisch daherkommt, ist nichts anderes als „Mensch ärgere dich nicht!“ im neuen Gewand. Es sind zwar nur drei Spielfiguren, die man aus einer Start- in eine Zielzone bringen muss, aber sonst geht’s fast genauso zu wie beim Klassiker: Die Mitspieler dürfen auf ihrem Weg ins Ziel hinausgeworfen werden. Würfel gibt es natürlich auch, gleich zwei sind im Spiel, und dann noch 13 grüne Rappelfässer, die dem Spiel den nötigen Pfiff geben.
Ein Spieler wirft die beiden Würfel. Sobald das Ergebnis feststeht, greifen alle zu den Rappelfässern. Jeder entwickelt dabei seine ganz eigene Art, um sich ein passendes Fass auszusuchen. Der eine hebt die Fässer nur ganz leicht an, um das Gewicht zu prüfen, ein anderer schüttelt kräftig am Ohr, um sich hörend dem Inhalt zu nähern. Worum geht es? In den 13 Fässern befinden sich unterschiedlich viele Steine, von 1 bis 13 ist alles vertreten. Der Würfelwurf gibt vor, wie viele Felder man maximal mit einer Spielfigur ziehen darf. Schafft es jemand, genau dieses Fass zu greifen, darf er diese Felder vorwärts ziehen. Alle, die ein Fass mit geringerer Steinzahl ergriffen haben, dürfen ebenfalls weiter, kommen aber nicht so schnell voran. Überzieht ein Spieler den Punktwert, muss er aussetzen. Da alle stets beteiligt sind, kommt nie Langeweile auf. Schnell hat man heraus, dass sich dieses Spielprinzip natürlich taktisch einsetzen lässt. Steht die Figur eines Mitspielers genau vor meiner eigenen, suche ich natürlich das Fass mit der 1 und nicht die gewürfelte 7. Da es auf dem Weg ins Ziel Schutzzonen gibt, können diese gezielt angesteuert werden, wenn, ja wenn das alles so einfach wäre mit dem Hören und dem Gefühl für das richtige Gewicht.
ZAPP ZERAPP gehört zu den herausragenden Neuheiten bei den Familienspielen. Mit dem Spiel werden unterschiedliche Sinne angesprochen. Da tut sich was am Spielbrett, da wird nicht gegrübelt, sondern geschüttelt, gehört, gewogen. Das Gefühl spielt mit und das trügt leider sehr oft. Die Chancen auf den Titel „Spiel des Jahres“ 2001 stehen gut.
Wieland Herold
Titel: ZAPP ZERAPP
Autor: Heinz Meister und Klaus Zoch
Verlag: Zoch Verlag
Spieler: 2-4
Alter: ab 6 Jahren
Spieldauer: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 59.- DM
Die Rezension erschien 2001 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 6/2001 R 56/2020
Zum Spiel und zum Autor:
2001 waren DAS AMULETT und CARCASSONNE neben ZAPP ZERAPP nominiert.
Heinz Meister gehört zu den produktivsten und am längsten aktiven Spieleautoren in Deutschland. Mit Blick auf die Anzahl seiner Veröffentlichungen dürfte ihn nur Reiner Knizia und Reinhold Wittig übertreffen. Besonders erfolgreich war und ist Heinz Meister mit Kinderspielen. Mit SCHWEINSGALOPP gewann er 1992 sowohl den „Spiel des Jahres“ Sonderpreis als auch den des Deutschen Spielepreises. Auf diesen war er Anfang der 90er Jahre abonniert, er gewann ihn 1993 für VERFLIXT GEMIXT und 1994 für HUSCH, HUSCH, KLEINE HEXE. Ein Jahr später zeichnete ihn die Jury „Spiel des Jahres“ mit dem damaligen Sonderpreis „Kinderspiel“ für KARAMBOLAGE aus. ZAPP ZERAPP war dann fast wieder ein Doppelerfolg, mit Klaus Zoch zusammen gewann er 2001 den Deutschen Kinderspielepreis und eben die Nominierung.
Das Bild zeigt Heinz Meister mit Synes Ernst bei der Übergabe der Nominierungsurkunde während einer Preisverleihung in Berlin, allerdings nicht 2001, sondern 2005 für DADDY COOL, ein weiteres erfolgreiches Meisterstück.
Klaus Zoch war der kreative Kopf im Duo mit Albrecht Werstein, das 1986 den Zoch-Verlag gründete. Gleich das erste Spiel BAUSACK wurde zum großen Erfolg, die Jury nahm es 1998 mit auf ihre Auswahlliste. Zehn Jahre später gewann Klaus Zoch mit ZICKE ZACKE HÜHNERKACKE den Sonderpreis „Kinderspiel“, was ihm mit BEPPO DER BOCK 2007 ein zweites Mal gelang. Das Bild von Klaus Zoch stammt von dieser Preisverleihung in Berlin.
Samstag, 6. Juni 2020
DAS AMULETT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Nominiert für das Spiel des Jahres 2001:
DAS AMULETT
Ein zauberhaftes Spiel
Zauberer und Hexen scheinen das Spielthema des Jahres zu sein, noch nie sind so viele Spiele mit magischen Hintergrundgeschichten erschienen. Da wird Tolkiens phantastische Welt lange vor Erscheinen des Filmes DER HERR DER RINGE spielerisch belebt, da werden MENSCH ÄRGERE DICH NICHT-Figuren durch Zauberkraft bewegt, da manövrieren die Zauberer von PANGEA ganze Landschaftsteile.
Das amerikanische Erfolgsduo Alan Moon und Aaron Weissblum, das von seinen drei in diesem Jahr veröffentlichten Spielen zwei auf die Auswahlliste für das „Spiel des Jahres“ und eines bis zur Nominierung gebracht hat, greift mit dem Spiel DAS AMULETT diesen Trend auf. Drei bis sechs Spieler beteiligen sich an der magischen Auseinandersetzung um die wertvolle Bestückung eines Amuletts. Zum Spielsieg benötigen sie entweder sieben verschiedene Edelsteine oder acht beliebige. Durch geschicktes Einsetzen von Eisen-, Kupfer-, Silber- und Gold-Karten sowie ihrer Zaubersprüche versuchen die Magier an die Edelsteine zu gelangen.
Das Spiel läuft in unterschiedlichen Phasen ab, in der die Spieler einerseits an neue Zauberkarten herankommen, andererseits den Metallnachschub erhalten, mit dem in der dritten Phase Edelsteine erworben werden. Zaubern kostet Energie, die in der letzten Phase verbraucht wird.
Das Ineinandergreifen, die Abstimmung dieser vier Spielphasen ist den Autoren vorzüglich gelungen, so dass der spielerische Spannungsbogen nie abfällt. Alle Spieler sind stets beteiligt, keiner kann sich zurücklehnen, weil er gerade nicht am Zug ist. Die Interaktion wird verstärkt durch Versteigerungselemente beim Erwerb der Zauberkarten und Edelsteine. Die vielschichtigen Aktionsmöglichkeiten machen DAS AMULETT zu einem anspruchsvollen Spiel, für das man mindestens eine Proberunde einlegen sollte. Erst wenn alle Spieler mit den Zauberkarten und den Phasenabläufen vertraut sind, kann eine gleichwertige Auseinandersetzung um das magische Amulett beginnen, können unterschiedliche Siegstrategien ausprobiert werden.
Der Grafiker Franz Vohwinkel hat das magische Spiel fantastisch umgesetzt. Das Spielmaterial, die Karten- und Spielplangrafik sind stimmig und tragen zur Spielatmosphäre bei. Für die Zielgruppe der jugendlichen und erwachsenen Spieler ist DAS AMULETT das herausragende Spielereignis 2001. Ob dieses Qualitätsmerkmal dazu reicht, die Idee von Moon und Weissblum zum „Spiel des Jahres“ zu küren, wird in der Nacht vom 24. auf den 25. Juni in Berlin entschieden. Dann wissen wir auch, ob der Autor Alan Moon zum zweiten Mal nach ELFENLAND die begehrte Trophäe in Empfang nehmen kann.
Wieland Herold
Titel: DAS AMULETT
Autor: Alan Moon und Aaron Weissblum
Grafik: Franz Vohwinkel
Verlag: Goldsieber
Spieler: 3-6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: ca. 90 Minuten
Preis: ca. 59.- DM
Die Rezension erschien 2001 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 5/2001 R 55/2020
Zum Spiel und zum Autor:
2001 waren CARCASSONNE und ZAPP ZERAPP neben dem AMULETT nominiert.
Alan Moon war in dieser Zeit einer der erfolgreichsten Autoren in Deutschland. Nach dem Sieg mit ELFENLAND 1998, war er 1999 mit UNION PACIFIC erneut nominiert. Von der damaligen Preisverleihung stammt das Foto (Moon – links – mit Amigo-Redakteur Uwe Mölter).
2001 waren er und Weissblum gleich mehrfach bei Auszeichnungen vertreten, neben der Nominierung für DAS AMULETT waren sie mit CAPITOL und SAN MARCO auf der Auswahlliste der Jury. Mit beiden Spielen belegtem sie Platz 5 und 7 beim Deutschen Spielepreis, wobei das nominierte Spiel dort nur Platz 10 erreichte.
2004 kam dann der nächste große und langanhaltende Erfolg mit ZUG UM ZUG.
Freitag, 5. Juni 2020
KUNTERBUNT
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Kunterbuntes Beobachten
Es ist schon erstaunlich, was Reinhard Staupe mit wenigen Spielkarten alles anstellen kann. Sein Kleinverlag Staupe-Spiele, der seit fünf Jahren existiert, hat immerhin schon 14 Spieleveröffentlichungen des Autors vorzuweisen, fast alles Kinderspiele und für alle Spielideen reichen ihm immer 33 Karten, den Druck des Regelwerks eingeschlossen.
Genau hinschauen müssen die Kinder bei seiner diesjährigen Neuheit KUNTERBUNT. 28 Karten hat er zu 14 Kartenpaaren zusammengefasst, auf denen 15 zweifarbige Gegenstände abgebildet sind, nur mit dem Unterschied, dass zum Beispiel der Fisch in vielen unterschiedlichen Farbvariationen auftritt. Die Motive sind aber so kombiniert, dass beim Aufdecken von zwei beliebigen Kartenpaaren immer ein Gegenstand farblich völlig identisch ist und diesen Gegenstand gilt es zu finden.
Zwei bis acht Spieler lässt Staupe auf die Suche gehen, wobei die ganz große Runde gerade bei Kindern nicht zu empfehlen ist. Bei meinen Testversuchen mit sechs Kindern, gingen zwei immer leer aus, was auf die Dauer nur Frust hervorruft. Die Spielrunde sollte aus maximal vier Spielern bestehen. Die Karten sind vorher über Buchstabenkennung nach Paaren zu sortieren. Ein Spiel vor dem Spiel, denn die richtige Zuordnung zu den Buchstaben muss erst einmal vorgenommen werden. 14 verdeckte kleine Stapel liegen nach geleisteter Vorarbeit auf dem Tisch. Ein Paar wird offen ausgelegt, dann kommt das zweite Kartenpaar dazu. Derjenige, der als erster den völlig identischen Gegenstand nennt, gewinnt ein Kartenpaar und nimmt es an sich. Ein neues Paar wird aufgedeckt und die Suche geht weiter. Wer mit seinem Tipp daneben liegt, verliert keine Karten, scheidet aber für die laufende Raterunde aus. Es gewinnt natürlich der schnellste Beobachter, der am Ende die meisten Karten besitzt.
Die Anstrengung ist beträchtlich, denn die Motive sind wild durcheinandergewirbelt, stehen auf dem Kopf oder liegen schräg. Der Fisch mit dem roten Kopf und dem grünen Bauchteil ist leider doch nicht identisch mit dem Fisch, der einen grünen Kopf und ein rotes Bauchteil besitzt. Da kommen die Kinder oft durcheinander, Schadenfreude ist angesagt.
Neben den spielerischen sind die didaktischen Qualitäten dieser Kartenspielneuheit Staupes nicht zu unterschätzen. Konzentrationsfähigkeit, genaues Beobachten werden neben dem Aushalten von Frustrationen trainiert. Im Vor und auch im Sonderschulbereich ist KUNTERBUNT gut einsetzbar, natürlich können es Eltern ebenfalls gut mit ihren fünf- oder sechsjährigen Kindern spielen.
Wieland Herold
Titel: Kunterbunt
Autor: Reinhard Staupe
Verlag: Staupe Spiele, Steubenstr. 4, 34 121 Kassel, Tel. & Fax: 0561/28 54 38.
Spieler: 2-8
Alter: ab 5 Jahren
Spieldauer: ca. 10 bis 15 Minuten
Preis: ca. 8.- DM
Die Rezension erschien 2001 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 7 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 4/2001 R 52/2020
Zum Autor:
Reinhard Staupe, der mit WIR SIND DIE ROBOTER aktuell zu den Nominierten für das Kinderspiel des Jahres 2020 zählt, war 2001 erst sechs Jahre lang Spieleautor, zählte aber innerhalb kürzester Zeit zu den damals erfolgreichsten. Mit SPEED, COMEBACK, DAVID & GOLIATH und BASARI landete er auf der Auswahlliste der Jury. Neben dem Eigenverlag Staupe Spiele, arbeitete er als verantwortlicher Redakteur für die Berliner Spielkarten. 2001 wechselte er zu Amigo und seit 2012 prägt seine Handschrift den Erfolg von NSV.
Das Bild zeigt Staupe 1996 auf dem Autorentreffen in Göttingen im Gespräch mit Karin Pennther von der Haba-Redaktion.
KUNTERBUNT gehört zu den Lieblingsspielen Reinhard Staupes, 2003 sorgte er für eine Neuauflage bei Amigo.
2010 war er verärgert, da mit DOBBLE bei Asmodee ein Plagiat seiner Idee erschien. In einem offenen Brief verwiese Staupe damals auf die Parallelen, ging aber nicht juristisch dagegen vor.
„Ich für meinen Teil werde definitiv nicht wegen DOBBLE vor Gericht ziehen. Aber ich möchte wenigstens die Gelegenheit nutzen und ganz nachdrücklich betonen, dass mich die Angelegenheit und der Umgang seitens Asmodée bzw. Play Factory und Blue Orange Games mit mir und MEINER Idee fassungslos machen. Es ist das genaue Gegenteil dessen, wie Verlage und Autoren zusammenarbeiten sollten.“
Donnerstag, 4. Juni 2020
BABEL
Es war einmal
Rückblick auf Rezensionen zwischen 1990 und 2010
Eigentlich wurde im alten Zweistromland nur an einem Turm zu Babel gebaut, aber, wenn Uwe Rosenberg, diesmal in Begleitung des Autoren Hagen Dorgathen, sich spielerisch einem Thema annimmt, dann wachsen nicht nur mögliche und unmögliche Bohnenfelder in die Höhe, sondern gleichzeitig zehn babylonische Tempel. Ihr Spiel BABEL ist in der Reihe „Spiele für zwei“ im Kosmos Verlag erschienen und gehört nach dem SIEDLER KARTENSPIEL und CÄSAR UND CLEOPATRA zum Feinsten, was der Verlag anzubieten hat.
Fünf antike Völker in Form von Spielkarten kann jeder Spieler zum Tempelbau einsetzen. Einerseits schleppen sie konstruktiv Steine, so dass mit wachsender Völkeranzahl an den Bauplätzen die Stufentempel gen Himmel streben können, andererseits entwickelt die Zusammenkunft dreier gleicher Völker meist destruktive Kräfte, die dem Mitspieler gar nicht recht sind. Mit unterschiedlichen Fähigkeiten können die Karten zum Beispiel dazu eingesetzt werden, gegnerische Bauwerke zum Einsturz zu bringen oder Völker abzuwerben. Aus diesem Hin und Her entwickelt sich ein spannendes Spiel mit unterschiedlichen Siegbedingungen. Meist reicht zum Sieg eine addierte Etagenhöhe von 15 oder 20 Stockwerken aus.
BABEL ist ein vielschichtiges Spiel, für das man sich einige Einstiegsrunden Zeit lassen sollte, um sämtliche Feinheiten auszuloten und einsetzen zu können. Auch in scheinbar aussichtslosen Situationen kann der hinten liegende Spieler durchaus wieder zum echten Konkurrenten um den Spielsieg werden. Ein Einsturz eines hohen Tempels sorgt schnell für neue Ausgangsbedingungen. Die Gratwanderung zwischen Glücksfaktoren – bei der Kartenaufnahme – und taktischer Planung ist Rosenberg und Dorgathen vorzüglich gelungen.
BABEL verspricht hochkarätige Spannung und trotz der Spieldauer von einer knappen Stunde mindestens eine sich gleich anschließende Revancherunde. Staub im Spielregal wird das „raffinierte Machtspiel für Zwei“ nicht ansetzen.
Wieland Herold
Titel: Babel
Autor: Uwe Rosenberg , Hagen Dorgathen
Grafik: Claus Schobig
Verlag: Kosmos
Spieler: 2
Zeit: 45 bis 60 Minuten
Alter: ab 12 Jahren
Preis: ca. 25.- DM
Die Rezension erschien 2001 unter www.spiel-und-autor.de
Wertung Spielreiz damals 8 von 10 Sternen,
das entspricht: Gerne morgen wieder
Spiel 3/2001 R 51/2020
Zum Spiel:
Für den „frühen“ Rosenberg gehörte BABEL nach BOHNANZA zum zweiterfolgreichsten Spiel. Er und sein Mitautor Dorgathen landeten nicht nur auf der Auswahlliste für das „Spiel des Jahres“, sie belegten den 2. Platz beim À la Carte- Preis der Fairplay, den 8. beim deutschen Spielepreis und gewannen in Österreich den Preis „Spiel der Spiele“ für das beste Zweipersonenspiel.
Dienstag, 2. Juni 2020
COSMIC FACTORY
Parallele Spielentwicklungen gibt es immer wieder, die Nähe des vorgestern vorgestellten NINE TILES PANIC zu COSMIC FACTORY ist aber auch thematisch frappierend. Das Duo Jens Merkl und Jean-Claude Pellin siedeln ihre Idee in der Zukunft an, mit fernen Welten, allerdings nicht deren Bewohnern, spielt auch Kane Klenko. Der amerikanische Autor lebt in Madison im US-Bundesstaat Wisconsin. Er ist spezialisiert auf die Entwicklung von Echtzeitspielen, die im Science-Fiction-Bereich angesiedelt sind. Das belegen Ideen wie FUSE (2015) und FLATLINE (2017).
Zeitlich ist COSMIC FACTORY vor NINE TILES PANIC erschienen. Klenkos Idee hat ursprünglich Gigamic 2018 auf den Markt gebracht, für die deutsche Ausgabe ist Board Game Circus verantwortlich. Merkl&Pellins Spiel erschien erst 2019, fußt aber auf einer schon 2015 veröffentlichten Idee Pellins im Oink Verlag. Plagiatsabsichten kann man hier sicherlich niemanden unterstellen, erst gar nicht dem oft andersherum betroffenen Oink Verlag.
Beide Spiele besitzen ihre Berechtigung und setzen eigene Akzente. In COSMIC FACTORY geht es um eine gleichmäßige Entwicklung von drei Landschaftszonen in fünf Galaxien, außerdem spielt ein Asteroidengürtel eine Rolle. Die neun Plättchen, die auch hier jeder erhält, bestehen aus jeweils vier Farbfeldern, die der Vegetations-, Eis- oder Wüstenzone der Galaxie zugeordnet sind, außerdem tauchen teilweise an den Feldrändern schmale Asteroidenbahnen und Sternbilder auf.
Wenn jeder seine neun Teile hat, wird nicht sofort losgepuzzelt, sondern erst einmal werden nur drei ausgesucht. Der Rest läuft im Draftingverfahren über zwei Runden, bis alle ihre Galaxienbasis mit neun Karten für ein 6x6-Felder großes Gebiet vor sich haben. Wird die Panik bei den NINE TILES durch eine Sanduhr erzielt, die ins Spiel kommt, sobald der erste Spieler sein Straßenraster beendet hat, gilt der extreme Druck sofort bei der Erschaffung der Galaxien und das sogar nur 60 Sekunden lang. Zugegeben, es ist einfacher Farbbereiche zu kombinieren und mit Plättchen zu arbeiten, die nicht doppelseitig Verwendung finden. Außerdem lassen die vorablaufenden Draftingrunden durchaus schon planerische Überlegungen zu.
Neben den normalen Regeln beeinflusst Runde für Runde eine Chaos-Karte das Geschehen. Einmal muss man sich nicht an das quadratische Raster halten, dann entstehen Schwarze Löcher oder Parallel-Universen. Insgesamt 20 verschiedene Einflusskarten sorgen dabei für hohe Varianz. Wer meint, er habe eine der Zonen im Vergleich zu seinen Kontrahenten besonders gut entwickelt, darf sich ein entsprechendes Bonus-Plättchen nehmen. Wer innerhalb des Sanduhrrieselns nicht fertig wird, geht nicht leer aus. Seine restlichen Teile werden gemischt und zufällig auf die leeren Felder gelegt. Das, was dann zu sehen ist, wird gewertet. Die grüne Vegetation bringt zwischen ein bis fünf Punkten, sofern sich mindestens drei Planeten in ihr befinden. Punkte werden für jede einzelne Farbe und die Asteroiden auf persönlichen Wertungstafeln bilanziert. Die blaue Eiszone wird schon ab zwei Planeten gewertet, die zwei Punkte bringen, für acht oder mehr Himmelskörper gibt es fünf Punkte. Lukrativer ist die orangene Wüstenzone, die bis zu sieben Gewinnpunkte einbringt. Das korreliert mit der Zahl der insgesamt vorhandenen Planeten auf den Kärtchen, 72 grüne, 38 blaue und 24 orangene. Gewertet wird nicht nur das größte Gebiet, sondern jede Zone, da sorgt man dann eher für kleine Eisbereiche, große grüne Zonen und Wüstenzonen mit mindestens vier Planeten, die auch fünf Punkte bringen. Die schmalen Asteroidenbahnen, bei denen man bei der Wertung der Farbsektoren aufpassen muss, da sie als Trennbereiche gelten und scheinbar zusammenhängende Farbzonen sprengen können, werden zum Schluss gewertet, wobei sie als verbundene Strecke über mindestens vier Plättchen in die Wertung gehen, besonders lange können dabei vier Punkte einbringen. Wer mit seinem Bonus-Plättchen richtig liegt, erhält drei zusätzliche Punkte in der entsprechenden Planetenfarbe. Spieler, die sich verzockt haben, bekommen allerdings zwei Punkte abgezogen. Da lohnt dann schon der genaue Blick nach rechts oder links. Manchmal gibt es zusätzliche Punkte durch entsprechende Chaos-Karten. Nach fünf Runden ist Schluss, gewertet werden dabei aber nicht alle Ergebnisse, sondern á la EINFACH GENIAL nur die schwächste Farbe, die mit dem Asteroidenmarker addiert wird.
Die besondere Stärke von COSMIC FACTORY besteht in der Varianz der Chaos-Karten, damit wird das Spiel nie langweilig und bringt immer wieder neue Anforderungen mit sich. Die eine Minute scheint zwar extrem kurz, wenn wir sie mit dem Abschlusspuzzeln von 90 Sekunden bei NINE TILES PANIC vergleichen, nachdem alle schon etwas länger an ihrem Straßenbild gearbeitet haben, trotzdem ist das leistbar und besitzt den großen Vorteil, dass so gut wie keiner mit null Punkten aus der Puzzlerunde geht. Kann in dem Spiel von Oink Games der Spieler, der die Sanduhr gedreht hat, auf das Rundenende achten, macht das im Grunde genommen in COSMIC FACTORY niemand, da alle mit sich beschäftigt sind. Es empfiehlt sich daher, auf einen Handytimer umzusteigen. Gewünscht hätte ich mir außerdem einen Schachteleinsatz, das schaffen sogar die Japaner mit ihren Mini-Schachteln. NINE TILES PANIC passt ziemlich genau neunmal ins große COSMIC FACTORY, in dem viel Luft in der Schachtel bleibt. Letztlich kann ich aber beide Echtzeitspiele empfehlen, auch bei COSMIC FACTORY bin ich gerne morgen wieder mit dabei und bringe meine Planetenzonen auf Vordermann.
COSMIC FACTORY bietet zwar bekannte Echtzeithektik, aber in einer Mischung, die Spaß macht. Da fügen sich Draften, Chaos-Varianz und knizianische Wertung zu einem harmonischen Ganzen in guter optischer Gestaltung.
Wertung: Gerne morgen wieder
Titel: COSMIC FACTORY
Autor: Kane Klenko
Grafik/Design: Sylvain Aublin
Verlag: Board Game Circus
Alter: ab 10 Jahren
Spielerzahl: 2 – 6
Spielzeit: ca. 30 Minuten
Preis: ca. 25 Euro
Spiel 44/2020
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